Foto: Matin Steinkellner

In Österreich spielte die Solarthermie, häufig verbunden mit einer Holzheizung, immer schon eine große Rolle, und deshalb gibt es dort schon seit längerem zahlreiche Sonnenhäuser. Die Initiative Sonnenhaus Österreich ist als gemeinnütziger Verein anerkannt und hat sich zum Ziel gesetzt, das Sonnenhauskonzept in Österreich und Südtirol als Gebäudestandard zu etablieren.

Wohltemperiert, lichtdurchflutet, wohngesund und unabhängig, im Sommer wie im Winter. So möchten Bauherren heute wohnen. Sonnenhäuser können diese Ansprüche erfüllen und erfreuen sich daher immer größerer Beliebtheit. Durch die Kombination von innovativer Solartechnik, massiver Bauweise, hoher Speicherkapazität und optimalem Temperaturmanagement sind Sonnenhäuser von fossilen Energien weitgehend unabhängig. Sie erzeugen Wärme und Strom selbst und werden in Zukunft außerdem vermehrt Strom für das Elektroauto liefern, also auch die Mobilität weitgehend unabhängig machen.

Als Sonnenhaus gilt ein Gebäude, das mehr als die Hälfte der jährlich benötigten Wärme für Raumheizung und Warmwasser mit Hilfe von Solaranlagen erzeugt. Der restliche Wärmebedarf kann mit jedem Heizsystem und jedem Energieträger gedeckt werden, vorzugsweise umweltfreundlich mit Biomasse oder Umweltwärme. Sonnenhäuser sind besonders energieeffiziente und umweltfreundliche Gebäude, die schon heute den Anforderungen europäischer und österreichischer Verordnungen an Niedrigstenergiegebäude ab dem Jahr 2020 entsprechen. Der Gesamtenergieeffizienzfaktor, der Primärenergiebedarf und die Kohlendioxid-Emissionen sind sehr niedrig.

Sonnenhaus 4.0

Zu den vorrangigen Aufgaben der Initiative Sonnenhaus Österreich gehört die Weiterentwicklung von Bau- und Energiekonzepten. Durch die Vernetzung innerhalb der Initiative ist ein umfangreiches Knowhow für Produktentwicklungen vorhanden. Ein weiterer Schwerpunkt ist Öffentlichkeitsarbeit.

Das von der Initiative vorangetriebene Konzept Sonnenhaus 4.0 berücksichtigt nicht nur die solare Wärmeenergie, sondern auch solare Stromerträge. Damit handelt es sich um die Erweiterung des klassischen Sonnenhaus-Konzeptes. Zur Speicherung der Energie dient nicht nur ein großer Wasserspeicher, sondern auch die Bauteilaktivierung. Dabei wird die Wärme der Sonne im Fundament oder der Zwischendecke gespeichert und langsam wieder an den Raum abgegeben. Das sorgt für konstant warme Räume, auch wenn die Temperatur draußen auf Minusgrade fällt. Eine intelligente Tageslichtplanung sorgt für gute Helligkeit im ganzen Haus und reduziert zusätzlich die sommerliche Überhitzung.

Seit einiger Zeit gewinnt die Kombination von Solarthermie und Photovoltaik an Bedeutung, vor allem deshalb, weil die Photovoltaik-Module und die Stromspeicher immer preisgünstiger werden. Dadurch werden zahlreiche innovative Lösungen möglich. Auf dem Dach des Sonnenhauses 4.0 sind sowohl solarthermische Kollektoren als auch Photovoltaik-Module installiert. Die Heiztechnik kann aus Modulen zusammengesetzt werden. Die Wärme aus den thermischen Solarkollektoren wird entweder in einem großen Pufferspeicher gespeichert und mittels Fußbodenheizung an die Wohnräume abgegeben, oder wie in der Abbildung sichtbar, direkt in die Bauteile geleitet (Wände, Bodenplatte, Decke) und in einem kleinen Pufferspeicher eingelagert.

Die Warmwasserbereitung erfolgt hygienisch in einer Frischwasserstation. Die Nachheizung erfolgt entweder mit Biomasse (Pellet- oder Scheitholzkessel im Wohnraum oder im Keller) oder mit einer hocheffizienten Sole-Wärmepumpe, die den Erdspeicher unter dem Gebäude nutzt, der im Sommer durch die Überschüsse der Solaranlage regeneriert wird.

Zusätzlich kann eine Photovoltaik-Anlage mit oder ohne Batteriespeicher den Strombedarf des Sonnenhauses 4.0 decken und ein vorhandenes Elektroauto mit Strom versorgen. Der Batteriespeicher hat außerdem die Aufgabe, das stark beanspruchte öffentliche Stromnetz zu entlasten und bei Bedarf zu unterstützen. Das Sonnenhaus 4.0 trägt also dazu bei, die Energieversorgung der Zukunft in einem öffentlichen System mit vielen erneuerbaren Energieträgern zu sichern.

Bis zu 50 Prozent Förderung

Vor diesem Hintergrund fördert der Klima- und Energiefonds der österreichischen Bundesregierung seit dem Jahr 2014 besonders energiesparende Häuser. Wenn sie einen solaren Deckungsgrad des Wärmebedarfes von mindestens 70 Prozent erreichen, können die Bauherren mit einem Zuschuss zu den umweltrelevanten Investitionskosten von bis zu 50 Prozent rechnen.

Ziel des Förderprogrammes ist es, den Kohlendioxid-Ausstoß bei Ein- und Zweifamilienhäusern deutlich zu reduzieren, indem intelligente Gebäudekonzepte entwickelt werden. In Kombination mit der thermischen Solaranlage kann eine Holzheizung oder Wärmepumpe als Zusatzheizung ebenfalls finanziell unterstützt werden, ebenso wie eine Photovoltaik-Anlage. Die Förderaktion betrifft den großen Markt der privaten Ein- oder Zweifamilienhäuser, die jedes Jahr errichtet werden.

Die Erfahrungen aus dem Programm sollen dazu beitragen, vorhandene Konzepte von Solarhäusern zu verbessern und die Vorreiterrolle Österreichs bei deren Verbreitung in Europa zu stärken. Innovative Projekte werden wissenschaftlich begleitet, um die Optimierung der Anlagen zu unterstützen. Die Erkenntnisse aus der Begleitforschung werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt und fließen laufend in die Umsetzung neuer Sonnenhäuser ein.

Die Begleitforschung wird von dem AEE Institut für Nachhaltige Technologien (AEE INTEC) in Gleisdorf koordiniert. Es handelt sich um eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung, die zugleich als eines der führenden Institute im Bereich angewandter Forschung gilt. Die drei thematischen Schwerpunkte sind „Thermische Energietechnologien und hybride Systeme“, „Bauen und Sanieren“ sowie „Industrielle Prozesse und Energiesysteme“.

Seit dem Start des Förderprogrammes wurden 35 Projekte mit unterschiedlichen Systemarchitekturen in die Begleitforschung aufgenommen. Die meisten Häuser sind mit thermischer Bauteilaktivierung und einem Pufferspeicher ausgestattet, der weniger als 2.000 Liter Inhalt hat. Die nächst häufige Systemarchitektur sind Häuser mit einem Pufferspeicher mit bis zu 5.000 Liter Inhalt und einem Niedertemperatur-Heizsystem.

Die Messergebnisse zeigen, dass durch die Bauteilaktivierung hohe solare Deckungsgrade erreichbar sind. Die auf diese Weise aktivierten Gebäude können die volle Behaglichkeitsbandbreite nutzen und so das nutzbare Speichervolumen optimieren. Zusätzlich kann die Bauteilaktivierung für passive Kühlung eingesetzt werden. Dies ist allerdings erst in wenigen Einfamilienhäusern der Fall.

Herausragende Beispiele

Ein Beispiel für ein Sonnenhaus ist das VitalSonnenhausPro in Schwertberg. Das Haus wird als Seminarzentrum mit Übernachtungsmöglichkeit genutzt. Eine 84 Quadratmeter große Solaranlage liefert 70 Prozent der Heizwärme, der übrige Bedarf wird durch einen Pelletkessel gedeckt. Die Kollektoren sind an der Fassade angebracht, um die tiefstehende Wintersonne optimal zu nutzen. Im Sommer werden ein Pool und eine Sauna mit der überschüssigen Wärme beheizt. „Als Faustregel kann man sagen, dass man auf die Baukosten 20 Prozent aufschlagen muss, um es in ein energieautarkes Haus zu verwandeln“, betont Boris Maier, der Bauherr des Hauses. Die Beheizung der Räume erfolgt über die Bauteilaktivierung in Decke und Fußboden.

In Kronstorf wurde 2014 ein Niedrigenergiewohnhaus mit acht Wohnungen errichtet, bei dem die Sonne mehr als die Hälfte des Wärmebedarfes der Bewohner deckt. Die Solaranlage mit einer Wärmeleistung von 60 Kilowatt (88 Quadratmeter Kollektorfläche) versorgt die Wohnungen über eine Fußbodenheizung, die restliche Wärme liefert ein Gas-Brennwertgerät, das mit Biogas gespeist wird. Ab dem nächstem Jahr wird die Überschusswärme in den Sommermonaten zur Warmwasserversorgung der neu errichteten Nachbarhäuser genutzt. „Ein Ziel bei der Errichtung des Gebäudes waren niedrige Betriebskosten, mit dem Schwerpunkt auf Heizung und Warmwasser“, betont Baumeister Peter Zifferer, Geschäftsführer Haller Bau GmbH.

Das Sonnenhaus des Architekten Hans Achatz in Ried im Innkreis ist ein gelungenes Zusammenspiel verschiedener innovativer Möglichkeiten. Solarwärmeanlage, Pufferspeicher und thermische Bauteilaktivierung inklusive passiver Kühlung machen das Gebäude zu 75 Prozent unabhängig von externen Energiequellen. Das Mehrparteienhaus in Freistadt ist ein interessantes Beispiel für moderne Stadtarchitektur. Das Sonnenhaus mit gerundeter Fassade hat neun gut ausgestattete Wohnungen und zwei Geschäftsflächen. Die Beheizung erfolgt über eine Solaranlage, die mehr als die Hälfte der Wärme übers Jahr liefert. Die Wärme der Sonne wird über eine Fußbodenheizung an die Wohnungen abgegeben.

Größten Wohnkomfort bei geringsten Heizkosten bietet das Einfamilienhaus der Familie Hartinger in Fürstenfeld. Das Lieb Massivhaus mit 185 Quadratmetern Wohnfläche ist seit dem Jahr 2013 bewohnt. Die thermische Solaranlage sorgt über einen Pufferspeicher für die Versorgung mit Raumwärme und Warmwasser. Lediglich 30 Prozent des thermischen Energiebedarfs werden in den Wintermonaten mit Stückholz zugeheizt.

Johann Schirnhofer ist ein Installateur, der selbst in einem Sonnenhaus wohnt (Foto Seite 26). Die drei Geschosse des 210 Quadratmeter großen Einfamilienhauses, das die vierköpfige Familie bewohnt, werden zu 95 Prozent durch Solarenergie geheizt. Die Solaranlage mit 35 Kilowatt Wärmeleistung (50 Quadratmeter Kollektorfläche) ist an der Fassade und auf dem Dach montiert. Die Wärme der Sonne wird in den Betondecken der Geschosse und in der Bodenplatte gespeichert und langsam an die Räume abgegeben. Ein Pufferspeicher (1.800 Liter Volumen) dient als hydraulische Weiche und sorgt für das Warmwasser in Küche und Bad. Den geringen Restbedarf an Wärme während anhaltend trüber Wetterlagen liefert ein Tischherd im Wohnraum.

Hilbert Focke

Zum Sonnenhaus-Pionier in der Schweiz finden Sie hier einen Beitrag von Ina Röpcke.

Dipl.-Ing. Hilbert Focke ist Geschäftsführer der Initiative Sonnenhaus Österreich.