Große Solarheizungen: Je größer das Gebäude, desto höher ist die Wirtschaftlichkeit von Sonnenhäusern. Dank hoher solarer Deckungsgrade profitieren Mieter von niedrigen Nebenkosten, Immobilienbesitzer steigern den Wert ihrer Gebäude.
Mit großen Solarheizungen lassen sich in Mehrfamilienhäusern beträchtliche Heizkosten einsparen. Davon profitieren die Bewohner, aber auch die Bauunternehmer und Vermieter. Sie machen ihre Immobilien attraktiver, indem sie ihren Käufern und Mietern niedrige Nebenkosten zusagen können. In der Baubranche spricht sich dies herum, so dass die Nachfrage nach Sonnenhaus-Konzepten in Mehrfamilienhäusern und Geschosswohnungsbauten bei den Mitgliedern des Sonnenhaus-Instituts steigt. Die Fachleute für solares Bauen können auch preislich überzeugen, denn dem Prinzip der Skalierung entsprechend steigt mit zunehmender Anlagengröße auch die Wirtschaftlichkeit von Sonnenhaus-Heizungen. Zusammen mit der hohen Innovationsförderung im Marktanreizprogramm (MAP) für Solarthermieanlagen mit solaren Deckungsgraden über 50 Prozent können diese Heizungen mit anderen Heizsystemen wie Wärmepumpen durchaus mithalten.
Niedrigere Heizkosten als bei Wärmepumpensystem
Ein Beispiel hierfür ist ein Bauprojekt von KHB-Creativ Wohnbau. Das Unternehmen hat in Obersulm im Landkreis Heilbronn ein Mehrfamilien-Sonnenhaus mit sechs Wohnungen gebaut. Ende 2017 war es bezugsfertig. 75 Quadratmeter Solarkollektoren beheizen das Gebäude zur Hälfte solar.
Der Massivbau mit KfW-Effizienzhaus-Standard 55 hat eine Wohnfläche von 520 Quadratmeter. Die Solarkollektoren wurden auf dem Dach und an der Fassade mit 40 bzw. 87 Grad Neigungswinkel montiert. Der Pufferspeicher ist knapp fünf Meter hoch und fasst 10,5 Kubikmeter Wasser. Das zeigt, dass die Größe der Wärmespeicher sinkt, je mehr Wohneinheiten solar versorgt werden. „In einem Mehrfamilienhaus wird ständig Wärme abgenommen, deshalb kann der Speicher hier kleiner dimensioniert werden“, sagt Rainer Körner, Geschäftsführer von KHB-Creativ Wohnbau und 2. Vorsitzender des Sonnenhaus-Institut e.V. Als Zusatzheizsystem hat er einen Gas-Brennwertkessel eingebaut.
Der Speicher wird platzsparend und zentral in das Gebäude integriert. Da die Warmwasserbereitung einen Großteil des Heizbedarfs ausmacht, habe es sich angeboten, die Bäder eng am Speicher zu platzieren, erklärt Körner. Dadurch konnte auf eine Zirkulationsleitung verzichtet werden, die viel Energie benötigen würde.
Als Beleg für die Wirtschaftlichkeit des Sonnenhaus-Konzeptes in diesem Gebäude zieht er eine Vergleichsrechnung heran. Als Kosten für die Heiztechnik mit großen Solarheizungen, Gas-Brennwertkessel und Flächenheizung hat er 96.900 Euro errechnet. Davon hat er 15.000 Euro BAFA-Förderung für die Kollektoren und 2.500 Euro Förderung für den Speicher abgezogen. Die Kosten für die Sonnenhaus-Heizung belaufen sich somit auf 79.400 Euro.
Zum Vergleich hat Körner ein Haus mit KfW Effizienzhaus-Standard 55 mit einer Wärmepumpenheizung kalkuliert. Der KfW-Standard würde eine Photovoltaikanlage mit 1,5 Kilowatt Leistung erfordern, die er deshalb mitberechnet hat. Die Gesamtanlage würde 63.000 Euro kosten. Unter Berücksichtigung der höheren Kollektorförderung ist die Sonnenhaus-Heizung also nur 16.400 Euro teurer. „Auf sechs Wohneinheiten heruntergebrochen sind die Mehrkosten aber schnell wieder erwirtschaftet“, resümiert Körner, der hier als Bauträger fungiert. Die Heizkosten für die tatsächlich eingebaute Heizung hat er mit circa 1,75 Euro je Quadratmeter jährlich errechnet. Bei der Wärmepumpenheizung würden sie sich auf circa 5,96 Euro pro Quadratmeter jährlich belaufen.
Solarthermie ermöglicht Heizflatrate
Auch Markus Rupp, Geschäftsführer des gleichnamigen Bauunternehmens in Großostheim bei Aschaffenburg, setzt auf das Sonnenhaus-Konzept im Mehrfamilienhausbereich. Rupp hat bisher etwa 20 Sonnenhäuser gebaut, die meisten davon sind Gebäude mit drei und mehr Wohnungen. Ein Beispiel für die Wirtschaftlichkeit ist eine Wohnanlage in Großostheim. Hier hat Rupp für einen Kunden auf dem Gelände eines ehemaligen Geflügelhofs drei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 16 Wohnungen gebaut. Das erste Haus ist 2013 fertig geworden, die anderen beiden 2014. Die beheizte Wohn- und Nutzfläche beträgt 1.614 Quadratmeter, sie wird zu 66 Prozent solar beheizt.
Dafür montierte Rupp 238 Quadratmeter Solarkollektoren auf zweien der vier Gebäude. Überschüssige Wärme aus der Solarthermieanlage wird in einem Pufferspeicher mit 66.900 Liter Fassungsvermögen eingelagert. Er steht im Treppenhaus dort, wo früher der Futtersilo stand. Für die Trinkwasserbereitung installierte der Bauunternehmer eine Frischwasserstation und einen separaten Trinkwasserspeicher mit 1.800 Liter Inhalt.
Wenn die Solarstrahlung in der Zeit von November bis Februar nicht ausreicht, übernimmt ein Hackschnitzelkessel. Er hat 50 Kilowatt Leistung und könnte die Häuser theoretisch alleine versorgen. Hier hat er aber nur die Funktion der Nachheizung und die ist selten nötig. Im Kalenderjahr 2017 wurden nach Angaben von Rupp nur circa 57 Schüttraummeter Hackschnitzel benötigt. Im Jahr 2018 waren es circa 62 Schüttraummeter. Das entspricht für die 16 Wohneinheiten im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre etwa 2.000 Euro Brennstoffkosten pro Jahr.
Finanzielle Vorteile
„Die Sonnenhaus-Heizung ist nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich“, betont Rupp. Die Mieter der Wohnanlage profitieren von einer „Heizflatrate“. Sie zahlen je nach Größe ihrer Wohnung zwischen 8,50 und 9,30 Euro je Quadratmeter Miete warm. Das ist in dem Ortsteil 1,20 Euro je Quadratmeter mehr als bei anderen Neubauten. Doch dafür sind die Heizkosten gleich inklusive. Die Mieter profitieren somit von geringen Nebenkosten. Der Vermieter erwirtschaftet mit dem Solar-Biomasse-Heizsystem jedes Jahr einen Überschuss von circa 12.000 Euro. Die Wartungskosten sind hier schon abgezogen. Der Eigentümer erreicht so eine Amortisationszeit von 16 Jahren für die kompletten solarthermischen Energieerzeugungs- und Speicherkomponenten in der Wohnanlage – nach Abzug der Tilgungszuschüsse durch die KfW.
Von diesen Erfahrungen überzeugt, hat sich der Investor zu einem weiteren Projekt entschlossen. Er schließt im Frühjahr 2019 ein Gebäude mit zwei Wohnungen mit insgesamt 194 Quadratmeter Wohnfläche durch Nahwärmeleitungen an das bestehende Sonnenhaus-Heizsystem an.
Solarthermie an der Fassade
Die baulichen Voraussetzungen für das Sonnenhaus-Konzept in größeren Immobilien sind die gleichen wie bei Einfamilienhäusern. Das gut gedämmte Gebäude sollte nach Süden orientiert sein, das Grundstück sollte im Winter verschattungsfrei sein, und die Solarkollektoren sollten möglichst steil montiert werden können, um die dann tief stehende Wintersonne gut auszunutzen. Reicht die Dachneigung nicht aus, sind auch Fassadenkollektoren für große Solarheizungen möglich.
Dies hat die FASA AG bei dem „Solar-Domizil“ in Chemnitz umgesetzt. Die Eigentumswohnanlage mit insgesamt 29 Wohnungen wird in zwei Bauabschnitten errichtet. Insgesamt 317 Quadratmeter Solarkollektoren sind bzw. werden noch in die Ostfassade und der nach Süden orientierten Giebelseite integriert. Sie werden die Hälfte des Wärmebedarfs für die rund 3.000 Quadratmeter Wohnfläche im Solardomizil I und II solar erzeugen. Solarwärme, die gerade nicht verbraucht wird, speichert ein 200 Kubikmeter großer Langzeitwärmespeicher.
Das erste Gebäude war im Frühsommer 2018 fertig gestellt. Die elf Wohnungen waren in wenigen Monaten verkauft und das in einer Stadt mit Leerstand. Die FASA AG baut aktuell das Solardomizil II. Es soll im September dieses Jahres fertig sein. Auch diese Wohnungen fanden schnell Eigentümer. Von dem Erfolg bestätigt, plant das Bauunternehmen schon das nächste Solardomizil.
Die Mehrkosten für dieses solare Konzept liegen im Neubaubereich bei rund 100 Euro je Quadratmeter Wohnfläche. Das heißt, der Preis für eine 100 Quadratmeter große Eigentumswohnung erhöht sich lediglich um circa 10.000 Euro gegenüber konventioneller Bauweise. Dem steht die Einsparung durch langfristig niedrige und kalkulierbare Heizkosten gegenüber.
Hohe BAFA-Förderung für große Solarheizungen
Künftige Energiekosten-Einsparungen durch Solarwärme sind ein finanzieller Vorteil der Sonnenhaus-Heizung. Bauherren profitieren aber auch von staatlichen Anreizen. So gewährt die KfW-Bankengruppe für gute Dämmstandards und den Einsatz erneuerbarer Energien zinsgünstige Kredite und Tilgungszuschüsse. Darüber hinaus gibt es hohe Zuschüsse im Marktanreizprogramm (MAP). Für Bauherren von Sonnenhäusern ist die „Innovationsförderung“ im MAP besonders interessant.
Diese gibt es für große Solarheizungen in Gebäuden mit drei und mehr Wohneinheiten sowie für Ein- und Zweifamilienhäuser. Bei letzteren muss der solare Deckungsgrad mindestens 50 Prozent betragen und die Dämmung KfW-Effizienzhaus-Standard 55 entsprechen. Bei Neubauten gibt es für heizungsunterstützende Solarthermieanlagen mit 20 bis 100 Quadratmeter Kollektoren einen Zuschuss von 150 Euro pro Quadratmeter. Im Gebäudebestand gibt es 200 Euro je Quadratmeter.
Große Solarheizungen: Ertragsförderung lukrativer
Alternativ zur größenabhängigen Innovationsförderung, bei welcher der Zuschuss nach der Kollektorfläche berechnet wird, gibt es die Variante „Ertragsförderung“. Sie soll dazu motivieren, leistungsstarke Kollektoren zu nutzen. „Bauherren sind gut beraten, wenn sie diese Förderung nutzen. Zusammen mit günstigen KfW-Krediten, Tilgungszuschüssen und niedrigen Bauzinsen können sie kostensparend ökologisch bauen und sich langfristig niedrige und kalkulierbare Energiekosten sichern“, sagt Körner. Im Neubau sei die Ertragsförderung in der Regel die attraktivere Variante.
Dies konnte er bei seinem Bauprojekt in Obersulm mit 75 Quadratmeter Solarkollektoren feststellen. Über die größenabhängige Förderung hätte er 150 Euro je Quadratmeter Kollektorfläche BAFA-Zuschuss erhalten. Körner hat sich aber für die Ertragsförderung entschieden und deshalb für die Kollektorfläche einen Zuschuss von 15.000 Euro bekommen. Das entspricht 200 Euro je Quadratmeter beziehungsweise 33 Prozent mehr, als es bei der größenabhängigen Förderung der Fall gewesen wäre. Rund die Hälfte der Kosten für die Solarthermie-Anlagen konnte er somit mit der BAFA-Förderung abdecken.
Ein weiteren Beitrag von Ina Röpcke zu Sonnenhaus-Konzepten im Mehrfamilienhaus finden Sie hier.
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