Ullrich Hintzen, Vorstand der Chemnitzer FASA AG, fordert eine Rückbesinnung auf Solarthermie anstelle der Fokussierung auf elektrische Wärmeerzeugung. Außerdem blickt er im Interview auf das erste Jahr mit der neuen Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) zurück. Die Förderpolitik gleiche einem stotternden Motor, so sein Fazit.

Herr Hintzen, mehr denn je setzen Sie auf Solarthermie: Neue Gebäude statten Sie grundsätzlich mit Solarwärme-Anlagen aus mit dem Ziel, einen möglichst hohen Anteil des Wärmebedarfs in Gebäuden solar zu decken. Warum bleiben Sie so vehement dabei – in einer Zeit, in der die Wärmeerzeugung mit Strom sich immer mehr durchsetzt?

Ullrich Hintzen: Die Solarthermie führt nach wie vor ein Dasein auf der Schattenseite der Energiewirtschaft und Energiegewinnung, was in unseren Augen ein großer Fehler ist. Die Gründe für mehr Solarthermie liegen auf der Hand und darauf begründen wir unsere Unternehmensentscheidung.

Ullrich Hintzen, Vorstand der FASA AG. Foto: Christoph und Astrid Große

Wo sehen Sie die Notwendigkeit für die Solarthermie?

Vor dem Hintergrund, dass wir Atomkraftwerke abschalten, aus der Braunkohle aussteigen und Elektromobilität vorantreiben wollen, haben wir erhebliche Einbußen in der Energieerzeugung von Strom und partiell auch von Wärme. Andererseits haben wir einen erheblichen Mehrbedarf durch die E-Mobilität. Deshalb sollten wir und die Politik erkennen, dass sich Strom als hochwertige Energie auf die angestammten Bereiche konzentrieren sollte und nicht auf die Produktion von Wärme, zum Beispiel mit Wärmepumpen. Unser Ersatzenergiebedarf wird in den nächsten Jahren so gigantisch sein in Verbindung mit der E-Mobilität, dass dies eigentlich jedem Laien klar sein sollte.

Parallel dazu zeigt der Blick auf den Energieverbrauch in Wohngebäuden in Deutschland, dass dort etwa 15 Prozent für elektrische Energie benötigt werden und weitere 85 Prozent für Wärme und Warmwasserbereitung. Halten wir uns das vor Augen, dann muss Solarthermie nicht nur verstärkt eingesetzt werden, sondern auch eine Priorität bekommen. Solarthermiekollektoren sollten auf Dächern und an Fassaden installiert werden, damit Gebäude sich weitgehend lokal selbst versorgen können.

Ein weiteres Argument spricht für die Solarthermie. Eine PV-Anlage kann bestenfalls 20 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie in Strom umwandeln, eine Solarthermie-Anlage schafft bei gleicher Einstrahlung 70 Prozent Umwandlung in Wärme. Das heißt, mit Solarthermie kann im Vergleich zur Photovoltaik mehr als das Dreifache an Energie gewonnen werden.

Dazu kommt die Speicherung. Solarwärme ist in Wasserspeichern relativ einfach, ungefährlich und preiswert speicherbar. Stromspeicher sind dagegen vergleichsweise teuer und haben eine begrenzte Lebensdauer. Es liegt also eigentlich auf der Hand, mit welcher Priorität man investieren sollte.

Sehen Ihre Kunden das genauso?

Im Einfamilienhausbereich ist die Nachfrage in unserem Segment nur marginal gestiegen, das liegt allerdings an der Grundstücksknappheit. Interessanter scheint uns die Nachfrage nach Eigentumswohnungen und Mietwohnungen. Wir sehen ein deutliches Interesse an solar versorgten Mehrfamilienhäusern.

Hilft die Bundesförderung für effiziente Gebäude dabei? Die BEG, die seit Anfang 2021 in Kraft ist, wurde ja viel gelobt für die hohen Fördersätze, auch für die Solarthermie.

Die BEG und insbesondere die Förderung für die Solarthermie haben wir als sehr wohltuend empfunden und damit auch die Hoffnung verbunden, dass eine gewisse Kontinuität in den Prozess hineinkommt. Bedauerlicherweise war die Förderung von Neubauten bis Mitte des Jahres 2021 noch ausgesetzt und konnte so erst mit neuen Anträgen am 1. Juli 2021 starten.
Leider wurde im Herbst 2021 verfügt, dass Förderanträge für Neubauten mit dem KfW-55-Standard nur noch bis zum 31. Januar 2022 möglich sind. Vermutlich ist das eine Reaktion auf die sehr hohe Nachfrage, die sich hier ergeben hat. Was wiederum darauf zurückzuführen ist, dass man mit einem zertifizierten Fernwärmeanschluss den KfW-Standard 55 sehr leicht ohne wesentlichen baulichen Aufwand erreichen kann. Das Primärenergie-Kriterium konnte damit relativ leicht eingehalten bzw. formal erfüllt werden.

Warum ist das so?

Das Zertifizieren von Ferwärme bedeutet, dass der Primärenergieverbrauch der Fernwärmeanlagen erst in den kommenden zehn Jahren erreicht werden muss, allerdings bereits heute schon bei der Förderung berücksichtigt wird. Es wäre also klüger gewesen, die BEG-Förderung an real existierende Bedingungen zu knüpfen und nicht an zukünftige Ausbauziele einzelner Akteure. Grundsätzlich war allerdings die Förderung in diesem reichlichen halben Jahr ein Segen für die Solarthermie-Branche. Wer in dem Zeitraum Projekte in der Pipeline hatte, konnte dies durchaus nutzen, um mit Solarthermie zu punkten.

Wie haben Sie mit der FASA AG profitiert?

Sofern der Antrag in dem vorgeschriebenen Zeitraum eingereicht werden konnte, hatte die Förderung für unsere Neubau-Projekte durchaus einen Vorteil. Die Mehrkosten, die wir für den solaren Bereich bisher nur bedingt an den Kunden weitergeben konnten, können wir jetzt dank der Förderung deutlich kompensieren. Dadurch können wir zu vergleichbaren Konditionen ein energetisch höherwertiges Produkt am Markt anbieten als unsere Mitbewerber, die keine regenerativen Energielösungen anbieten.

Insofern war die Förderung 2021 von großem Vorteil und erreichte auch ihr Ziel, dass solares Bauen bezüglich der Entstehungskosten aufgrund der Förderkulisse nicht mehr wesentlich teurer ist. Damit haben diese Gebäude einen Marktvorteil und einen ökologischen Vorteil, der das erreicht, was die Förderung eigentlich bezweckt.

Und die andere Seite der Medaille?

Bedauerlicherweise galt die Förderung für Neubauten gerade mal sieben Monate, was natürlich mit Bauzyklen überhaupt nicht zusammenpasst. Ein normales Bauprojekt dauert durchschnittlich circa drei Jahre: vom Grundstückserwerb über die Planung, Genehmigung und die Bauphase bis hin zur Fertigstellung des Gebäudes.

Zu Februar 2022 sollen Änderungen in der BEG in Kraft treten. So sollen KfW-Effizienzhäuser 55 nicht mehr gefördert werden. Welche Konsequenzen hätte das Ihrer Meinung nach haben?

Hier sehen wir eine deutliche Veränderung im Neubaubereich. Auch wir sind gerade erst dabei zu untersuchen, was wir tun können, um mit solarem Bauen in Richtung KfW 40 zu kommen, ohne gleichzeitig die Baukosten explodieren zu lassen. Es bleibt zu hoffen, dass die Förderung auch mit Blick auf die Fernwärme und die Solarthermie nochmals kritisch betrachtet wird. Eine Anpassung an ausgewogene Förderkriterien wäre wichtig, um die Klimaschutzziele zu erreichen.

Sehr überraschend und einem Paukenschlag gleich, wurde Ende Januar das Aussetzen der BEG verkündet. Was sagen Sie dazu?

Die Förderpolitik zur Energiewende bzw. Wärmewende gleicht einem stotternden Motor. Das schafft weder Planungssicherheit noch Vertrauen für Bauherren und Investoren. Bleibt zu hoffen, dass der nächste Wurf sich grundlegend ehrlich am Primärenergieverbrauch oder CO2 Ausstoß orientiert, dann hat er auch sicher eine Chance auf längere Lebensdauer.

Das Interview führte Ina Röpcke.

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