Speicherverluste in der Solarthermie: Einrohrzirkulation nicht unterschätzen

Die thermisch getriebene Zirkulation in Wasserleitungen kann Wärme über erstaunlich weite Strecken transportieren. Der Praxistipp des Solarthermie-Jahrbuchs erläutert den Effekt der Einrohrzirkulation und was dagegen hilft.

Wenn es in Dublin schneit, liegt die Stadt lahm. Winterreifen sind für die Iren ein Fremdwort und der einzige Schneepflug der Insel kann das Chaos kaum verhindern. Zum Glück kommt das selten vor. Obwohl Irland etwa auf dem Breitengrad von Neufundland liegt, bleibt die Insel im Winter meistens grün und stets so warm, dass selbst Palmen in den Vorgärten überleben können.

Das milde Klima im Westen Europas haben wir dem Golfstrom zu verdanken. Angetrieben durch die Dichteunterschiede von kaltem, salzigem und warmem, salzarmem Wasser, befördert er Jahr für Jahr viele Millionen von Kubikmetern warmen Wassers aus den Tropen vor Europas Küste, und damit riesige Mengen an Wärmeenergie.

Einen Effekt, der die Ozeane der Welt umwälzt, sollte man nicht unterschätzen. Auch dann nicht, wenn er sich nur in einer Warmwasserleitung abspielt. Dort wird zwar nicht das Klima im Haus durcheinander bringen, aber er kann dem Wärmespeicher durchaus beträchtliche Energiemengen entziehen. Rohre – selbst gut gedämmte – kühlen immer schneller ab als der Wärmespeicher. Das kalte Wasser aus dem Rohr strömt entlang der Speicherwand nach unten. Warmes Wasser aus dem Speicher fließt ins Rohr, kühlt dort ab – und so schließt sich der Kreis. Jan Steinweg vom Institut für Solarenergieforschung (ISFH) in Hameln-Emmerthal schätzt, dass ein einzelnes Rohr in einem Jahr 100 Kilowattstunden ungewollt aus dem Speicher transportieren kann. Damit ist schon der Ertrag von einem Drittel Quadratmeter Kollektorfläche dahin.

Mit einfachen Mitteln viel erreichen

Im Gegensatz zum hydraulischen Abgleich und zur Dämmung von Rohren hat das Verhindern von Einrohrzirkulation bisher wenig Beachtung gefunden. Es ist nicht in Richtlinien beschrieben und gilt nicht einmal als anerkannte Regel der Technik. Dabei lässt sich mit einfachen Mitteln schon viel erreichen, wie die Forscher am ISFH herausgefunden haben.

Die Wissenschaftler heizten ihren Testspeicher und die Anschlussleitung nacheinander auf verschiedenen Temperaturen. Wenn Speicher und Anschlussleitung die gewünschte Temperatur erreicht hatten, wurde nur noch der Speicher auf Temperatur gehalten – wie es auch in einem echten Heizungssystem geschieht. Dann beobachteten sie, wie das Rohr abkühlte. Nach 13 Stunden hatte sich ein Temperaturgefälle gebildet, das 4 Meter entlang des Rohres reichte. Die durchschnittliche Rohrtemperatur lag bei 52 Grad Celsius, der Speicher verlor über das Rohr eine Wärmeleistung von mehr als 20 Watt. Um herauszufinden, wie viel dieses Verlusts auf das Konto der Einrohrzirkulation geht, unterbanden die Forscher diese mit einem Stopfen im Rohr. So zog sich das Temperaturgefälle nur noch über 1,5 Meter Leitungslänge und der Wärmeverlust betrug nur noch 5 Watt. Klar ist also, dass die Einrohrzirkulation einen wesentlichen Verlust verursachen kann. Nun ist die Frage, wie man sie in den Griff bekommt.

Den Kreis unterbrechen

Eins vorweg: Eine gute Dämmung der Rohre ist wichtig, denn sie reduziert die Wärmeverluste im Rohr. Doch gegen Einrohrzirkulation hilft sie wenig. Ein Rohranschluss bleibt im Vergleich zum Speicher immer eine Schwachstelle, an der das Wasser zuerst auskühlt – daraus folgt unweigerlich der unliebsame Temperatur- und Dichteunterschied.

Um Einrohrzirkulation zu verhindern, gibt es verschiedene Ansätze. Einfache Rückschlagklappen verhindern den Rückstrom des kalten Wassers in den Speicher. Eigens entwickelte Konvektionsbremsen, z.B. Convectrol von Wagner, verhindern die thermische Zirkulation. Siphon-Anschlüsse sorgen dafür, dass die Dichteunterschiede die Zirkulation des Wassers verhindern, anstatt sie anzukurbeln.

Zu sehen ist ein Siphon gegen die Einrohrzirkulation.
Vorbildlicher Siphon am Solar-Vorlauf. Die Dämmung hat noch Potenzial. Foto: Jens-Peter Meyer

Das Fazit der Forscher: Rückschlagklappen sind nahezu nutzlos. Sie unterbinden zwar die Strömung, leiten aber Wärme. So bilden sich auf den beiden Seiten der Klappe einfach getrennte Zirkulationsströmungen. Die Wärme wird weiterhin im Rohr transportiert, die Verluste sind nahezu konstant.

Schon deutlich besser helfen die eigens zu diesem Zweck entwickelten Konvektionsbremsen. Sie mindern auch die Wärmeleitung innerhalb des Rohrs und wirken ähnlich wie ein kurzer Siphon. Richtig gut sind sie allerdings nur bei niedrigen Temperaturen um 40 Grad Celsius – also dann, wenn Einrohrzirkulation ohnehin nicht so gravierend ist.

Siphon mit Z-Profil reicht aus

Das durchlagendeste Mittel gegen die Einrohrzirkulation sind Siphons. Dabei muss es gar nicht das vom Abfluss bekannte U sein, ein Siphon mit Z-Profil reicht völlig aus. Das kühle Wasser im Rohr steht dabei weiter unten als da warme Wasser im Speicheranschluss – und dort bleibt es auch. Die Schichtung ist stabil, die Ebenen mischen sich nicht mehr. Die Forscher haben Siphons aus Edelstahlwellrohr und aus Kupfer verglichen. Da Kupfer Wärme besser leitet als Edelstahl, muss ein Kupfersiphon etwas länger ausfallen als eines aus Edelstahl, denn sonst transportiert die Rohrwand die Wärme aus dem Speicheranschluss selbst ins tiefer liegende Rohrstück. Die Forscher empfehlen für Kupfer, das senkrechte Stück des Siphons mindestens 13 Mal so lang zu wählen wie den Innendurchmesser des Rohres.

Warmwasserleitungen besonders anfällig

Zu sehen sind Anschlüsse ohne Siphon. Hier findet Einrohrzirkulation statt.
Es reicht nicht, nur die Solarzuleitungen mit einem Siphon auszustatten, auch die anderen Speicheranschlüsse verlieren durch Einrohrzirkulation Wärme. Das ist hier nicht berücksichtig worden. Foto: Jens-Peter Meyer

Besonders gut muss man bei Warmwasserleitungen darauf achten, dass die Einrohrzirkulation verhindert wird. Denn im Gegensatz zu Heizungsleitungen werden sie viele Stunden am Tag nicht genutzt – das Wasser im Rohr hat also viel Zeit, sich abzukühlen und die Strömung kann sich gut ausbilden.

Warmwasserleitungen sitzen außerdem oben am Speicher, wo dieser besonders heiß ist. Deshalb können sie nicht nur in Kilowattstunden gerechnet besonders große Verluste hervorrufen. Gleichzeitig finden diese Verluste ausgerechnet in der Speicherzone statt, in der normalerweise der Fühler für die Nachheizung sitzt – der Brenner springt also schneller an als bei Verlusten unten im Speicher. Dazu kommt, dass sich die Solaranlage vor allem vom Herbst bis in den Frühling schwerer tut, den heißen oberen Speicherteil wieder aufzuheizen als den lauwarmen mittleren.

Was tun gegen Verluste durch Einrohrzirkulation?

  • Rohre in voller Stärke dämmen, keine Spalte lassen. Das unterbindet nicht die Zirkulation, reduziert aber die dadurch verursachten Verluste.
  • Wenn möglich, Anschlüsse als Siphons ausführen.
  • Rohrleitungen nicht dicker machen als nötig. Dickere Innendurchmesser verstärken die Einrohrzirkulation, dickere Wandstärken die Verluste durch Wärmeleitung entlang der Wand.
  • Besonders auf die Anschlüsse für Warmwasser achten. Dort ist nicht nur die Temperatur am höchsten, sondern auch die Stillstandszeiten sind am längsten – so kann sich Einrohrzirkulation besonders gut ausbilden.
  • Ungenutze Anschlüsse immer isolieren – effektiv und schnell geht das mit vorgefertigten Dämmstopfen.

Weitere Praxistipps zur Solarthermie finden Sie hier.

Eva Augsten

1 Kommentar

  1. Peter Bergstein

    29. Oktober 2020 at 12:54

    Ihr Foto mit dem vorbildlichen Siphon ist leider nicht vorbildlich gedämmt.

    Alle Anschlüsse am Puffer sollten siphoniert ausgeführt werden, das kostet erstmal aber spart auf Dauer.

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