Foto: Sonnenhaus-Institut/Petra Höglmeier

Wer in einem Sonnenhaus wohnt, kann es doppelt gut haben. Die Sonne liefert ihm vom eigenen Dach gleichzeitig Wärme und Strom, beispielsweise für das Elektroauto. Dafür muss die Fläche zwischen Sonnenkollektoren und Solarmodulen gut aufgeteilt sein.

Familie Schuster zapft die Sonne doppelt an: Thermiekollektoren auf dem Dach wandeln die solare Strahlung in Wärme um, Photovoltaikmodule in Strom. Ihr Grundstück in Oberschleißheim haben Schusters so gewählt, dass es nach Süden zeigt. So können die Kollektoren mit 45 Quadratmeter Fläche ordentlich Sonnenenergie sammeln. Sie sind auf dem um 37 Grad geneigten Dach in der obersten Reihe montiert. Unter ihnen füllen Solarmodule die restlichen zwei Drittel der Dachfläche. Das Photovoltaiksystem produziert umweltfreundliche Elektrizität mit einer Spitzenleistung von 7,8 Kilowatt.

Solarthermie und Photovoltaik teilen sich das Dach

Sowohl die Sonnenkollektoren als auch die Solarmodule sind im Dach integriert, sodass sie optisch wie eine homogene und ästhetische Oberfläche wirken. Das System stammt von dem Vorarlberger Hersteller S.S.T. Solar System Technik. Die österreichische Firma bietet als eine von wenigen aufeinander abgestimmte Solarthermie-Photovoltaik-Kombinationen mit Sondermaßen an. Architekt Georg Dasch vom Sonnenhaus-Institut, der das Wohngebäude von Familie Schuster geplant hat, arbeitet mit einem Grundraster von 1,50 Meter mal einem Meter. Bei Sonnenkollektoren kann man Sondergrößen laut Dasch zu vertretbaren Preisen finden, bei Solarmodulen sei das schwieriger.

Bei der Planung galt es unter anderem die optimale Verteilung von Solarthermie und Photovoltaik auf dem Dach herauszufinden. „Man plant ein bisschen vom Dach her.“ Dasch hat verschiedene Belegungen durchgerechnet. Zum einen sollen die Sonnenkollektoren genügend Wärme liefern, zum anderen erzeugt eine große Thermiefläche in den Sommermonaten unnötig viel Energie, die sich nicht nutzen lässt. Das Sonnenhaus-Institut verfügt mittlerweile über Modelle, mit denen es Solarthermie und Photovoltaik zusammen simulieren kann.

Mit Solarstrom heizen                                                                      

Ihren Solarstrom verbraucht Familie Schuster für Haushaltsgeräte und die Haustechnik, unter anderem für die Lüftungsanlage. Außerdem tankt sie ihr Elektroauto mit dem Sonnensprit vom Dach. Den Rest speist sie in das öffentliche Netz. Den Eigenverbrauchsanteil steigern könnte sie, wenn sie Haushaltsgeräte mit einem hohen Stromverbrauch, wie die Waschmaschine oder den Trockner, immer dann einschalten würde, wenn die Sonne scheint.

Der Solarstrom lässt sich noch auf weitere Art verwenden: um damit zu heizen. Dazu haben die Experten des Sonnenhaus-Instituts ein Heizkonzept aus Photovoltaikanlage, Wärmepumpe, Wärmespeicher und einer Steuerung für den solarstromgeregelten Betrieb einer Wärmepumpe entwickelt. Mit einer photovoltaisch unterstützten Heizung lässt sich deutlich mehr Solarstrom selbst nutzen. Allerdings nur, wenn die Auslegung passt.„Marktübliche PV-Wärmepumpensysteme erreichen einen verhältnismäßig geringen solaren Deckungsgrad an der Wärmeerzeugung“, erklärt Rainer Körner, zweiter Vorsitzender des Sonnenhaus-Instituts und Geschäftsführer des Heilbronner Bauunternehmens KHB-Creativ-Wohnbau. Insbesondere die Wärmepumpenleistung und die Speichergröße würden nur knapp nach dem Wärmebedarf ausgelegt. Sein Fazit: „Die Systeme schöpfen das solare Überschusspotenzial während der Heizperiode nicht aus.“

Dem setzt das Sonnenhaus-Institut den Creativ-Wärme-Manager als Steuerungs- und Speicherkonzept. Er passt zum einen unter Berücksichtigung des Haushaltsstroms die elektrische Aufnahmeleistung der modulierenden Wärmepumpe dem Solarstromangebot an. Außerdem führt er die erzeugte Wärme entweder direkt den Heizkreisen oder einem großen Wasserspeicher zu, der sich in verschiedenen Ebenen beladen und entladen lässt. Wichtig dabei: Die Wärmepumpe muss sich in ihrer Leistung entsprechend dem wechselnden Sonnenergieangebot regeln lassen.

Als sinnvolle Ergänzung empfiehlt sich ein ebenfalls in der Leistung abgestufter Elektro-Heizeinsatz im Wärmespeicher. Er kann die Leistungsbereiche nutzen, die unterhalb der Einschaltwelle der Wärmepumpe oder oberhalb ihrer Leistungsgrenze liegen. Zudem kann er, wenn auch mit einer geringen Effizienz, höhere Temperaturen als eine Wärmepumpe liefern und damit warmes Wasser für Bad und Küche erzeugen.

Sich unabhängig machen

Die unterschiedlichen Ansätze für den Einsatz der Photovoltaik verdeutlicht ein zweites Beispiel. So sind auf dem Dach von Familie Jens in Heilbronn Solarmodule mit einer Leistung von 9,4 Kilowatt verlegt, ein Fünftel mehr als bei Schusters. Die Kollektorfläche beträgt mit 15 Quadratmetern dagegen nur ein Drittel. Das Energiekonzept ergänzen eine solarstromgeregelte Luft-Wärmepumpe und ein Scheitholz-Kachelofen. Mit dem Solarstrom kann die Familie 42 Prozent ihres Strombedarfs im Haushalt decken. Photovoltaik und Solarthermie liefern außerdem knapp 60 Prozent der Wärme. Im fast doppelt so großen Dreigenerationenhaus von Familie Schuster schafft das eine Kollektorfläche von 45 Quadratmetern.

Bei einem Sonnenhaus mit solarem Doppel liegt der Schwerpunkt auf einer weitgehend netzunabhängigen solaren Eigenstromversorgung, während der klassische Ansatz darin bestand, den Wärmebedarf zur mehr als der Hälfte mit einer Solarwärmeanlage zu decken. Das Ziel der neuen Variante lautet dagegen, einen möglichst hohen Autarkiegrad bei Strom von 50 Prozent oder mehr zu erreichen. Voraussetzungen dafür sind ein sparsamer Stromverbrauch durch hocheffiziente Haushaltsgeräte, ein Stromspeicher und der weitgehende Verzicht auf eine strombasierte Wärmeversorgung, außer eine Wärmepumpe wird in Kombination mit einem thermischen Speicher und einem Elektro-Heizstab betrieben.

Der Autarkiegrad entspricht dem solaren Deckungsgrad bei Solarwärmeanlagen. Ein hoher Beitrag der Sonne lässt sich auch bei der Stromversorgung nicht ohne Speicher erzielen. Bei seiner Größe gilt es abzuwägen, um das Ziel zu erreichen. „Bei den aktuell noch hohen Marktpreisen eines Speichersystems lässt sich ein Autarkiegrad von mindestens 50 Prozent am wirtschaftlichsten mit einem eher kleinen Speicher und einer relativ großen Anlagenfläche verwirklichen“, schreibt das Sonnenhaus-Institut auf seinen Internetseiten. Würden die Investitionskosten für Batterien fallen, könnte sich die Wirtschaftlichkeit eines hohen Autarkiegrades angesichts einer sinkenden Einspeisevergütung und steigender Strombezugspreise deutlich günstiger darstellen lassen.

Kollektorfläche und Speicher aufeinander abstimmen

Die Größe der Solarthermieanlage muss ein Planer nicht nur mit der Photovoltaikleistung und der Dachfläche abgleichen. Eine weitere Aufgabe für ihn lautet, das Verhältnis von Kollektorfläche zu Speichergröße sinnvoll „auszubalancieren“, wie es Dasch formuliert. Wie es ausfallen sollte, erklärt das Sonnenhaus-Institut in seiner Broschüre „Das Sonnenhaus“: „Um mehrtägige Schlechtwetterperioden zu überbrücken und die Sonnenwärme vom Herbst mit in den Winter hinübernehmen zu können, ist ein Speicherinhalt von sechs bis zehn Kubikmetern notwendig.“ Für mittlere solare Deckungsgrade habe sich ein Wasservolumen von 150 Litern pro Quadratmetern Kollektorfläche als ausreichend erwiesen.

Zu verschwenderisch darf ein Planer mit der Kollektorfläche nicht umgehen, sonst geht es nicht nur ins Geld, sondern bringt auch wenig zusätzlichen Nutzen. Familie Schuster beispielsweise wollte anfangs einen möglichst hohen solaren Deckungsgrad mit seinem Haus erreichen. Planer Dasch hat anhand von Simulationen zeigen können, dass die sommerlichen Überschüsse stark zugenommen hätten, sich den zusätzliche Gewinn im Winter aber teuer erkauft hätte, weil der 9.360 Liter große Wärmespeicher noch geräumiger hätte ausfallen müssen. „Wir wollen nicht möglichst große Solarspeicher einbauen, sondern Ziel ist es, dass die Hausbewohner möglichst wenig nachheizen müssen“, erklärt Dasch.

Welche solare Deckung sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus technischer und praktischer Sicht derzeit am meisten Sinn macht, hat das Sonnenhaus-Institut im Projekt Heizsolar gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme, der Ingenieurfirma Solar- und Wärmetechnik sowie der Technischen Universität Ilmenau ermittelt. Dazu haben sie neun Sonnenhäuser über mehrere Heizperioden vermessen. Demnach haben sich für Wohngebäude mit einer solaren Deckung zwischen 60 und 70 Prozent die wirtschaftlichsten Ergebnisse ergeben. Um deutlich über 80 Prozent zu kommen, würde die übliche Wärmespeicherkapazität von etwa einer Woche nicht mehr ausreichen. Eine saisonale Speicherung würde erforderlich, was mit zusätzlichen Kosten verbunden wäre.

Fazit: Bei einer guten Auslegung von Photovoltaik, Solarthermie und Speicher lässt sich die Sonne ohne Problem zweifach anzapfen.