Das Fraunhofer ISE, das bedeutendste Solarforschungsinstitut Europas, hat zwei Studien vorgelegt, die ein Modell für das Energiekonzept Deutschlands im Jahr 2050 und den Anteil der Solarthermie darin beschreiben und die Kosten der Transformation des Energiesystems ermitteln.

Die Studien basieren auf einer ganzheitlichen Betrachtung des Strom- und Wärmesektors und schließen auch die Gebäudesanierung ein. Um die Kosten möglichst niedrig zu halten, wurde aus der Fülle der Möglichkeiten das volkswirtschaftliche Optimum ermittelt.

Ein vollständig auf erneuerbaren Energien basierendes Energiesystem erfordert jährlich große Investitionen, damit im Jahr 2050 alle erforderlichen Energieversorgungssysteme bereitstehen und die Gebäudesanierung abgeschlossen ist. Auf der anderen Seite sind die Einsparungen erheblich, weil immer weniger Geld für fossile Brennstoffe ausgegeben werden muss. Die Studien kommen zu dem Ergebnis, dass dieses Energiesystem zu jährlichen Gesamtkosten führt, die nicht größer sind als die jährlichen Gesamtkosten unseres heutigen Energiesystems, und zwar basierend auf heutigen Energiepreisen, also ohne Einbeziehung zukünftiger Steigerungen.

Windenergie und Photovoltaik Stützen der Stromversorgung

Windenergie und Photovoltaik werden die Hauptlast der Stromversorgung tragen müssen, während die Biomasse geschont wird, damit sie für Mobilität und industrielle Prozesse genutzt werden kann. In der Wärmeversorgung herrscht ebenfalls eine klare Hierarchie. Den größten Beitrag werden Wärmepumpen leisten, gefolgt von der Solarthermie und der Kraft-Wärme-Kopplung.

Die für thermische oder elektrische Solaranlagen nutzbare Fläche ist gigantisch. Auf Dächern, an Fassaden, auf versiegelten Freiflächen sowie entlang von Autobahnen und Schienenwegen stehen insgesamt 2.845 Quadratkilometer zur Verfügung. Das entspricht einer installierten Leistung von solarthermischen Anlagen in einer Größenordnung von etwa 2000 Gigawatt oder einer elektrischen Leistung von Photovoltaik-Anlagen in Höhe von mindestens 400 Gigawatt. Wenn die Photovoltaik nur die Hälfte ihres techischen Potenzials ausnutzt, bleibt immer noch reichlich Fläche für Solarkollektoren übrig. Trotz des großen Potenzials muss man sparsam mit der Wärme umgehen. Der Wärmebedarf der Gebäude muss auf 50 Prozent des Bedarfs gesenkt werden, der im Jahr 2010 ermittelt wurde.

Die Zusammensetzung der Wärmebereitstellung im Energiesystem 2050 zeigt die nebenstehende Tabelle. Die Wärmepumpen tragen mit knapp 40 Prozent am stärksten zur Wärmeversorgung bei. An zweiter Stelle folgt die Solarthermie mit 20 Prozent. Der Rest wird durch Kraft-Wärme-Kopplung, Heizkessel, Heizstäbe und Geothermie gedeckt.

Wärmeversorgung im Energiesystem 2050
TWh
Solarthermie, dezentral36,1
Solarthermie, zentral26,2
Solarthermie, Prozesse25,0
Solarthermie gesamt87,2
BHKW, dezentral22,6
KWK, groß27,1
KWK, mittel22,8
Kraft-Wärme-Kopplung72,5
Wärmepumpen, Netze43,2
Wärmepumpen, Luft42,9
Wärmepumpen, Sole51,1
Gas-Wärmepumpe33,9
Wärmepumpen gesamt171,1
Heizstäbe27,3
Heizkessel70,5
Geothermie6,3
Sonstige Wärmequellen104,1

Solarthermie wird im Energiekonzept 2050 wichtige Rolle spielen

Die Solarthermie spielt als Möglichkeit der direkten Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmebereich eine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft. Der größte Anteil entfällt auf dezentrale Anlagen in Einzelgebäuden, die installierte Leistung liegt in der Größenordnung von 60 Gigawatt. An zweiter Stelle steht die Anwendung in Niedertemperaturprozessen der Industrie. Dort liegt in installierte Leistung zwischen 42 und 54 Gigawatt. Relativ schwierig ist die Abschätzung der installierten Leistung von Solarthermieanlagen, die in Zukunft an Wärmenetze gekoppelt sein werden. Die Leistung wird sich zwischen 25 und 45 Gigawatt bewegen. Die insgesamt installierte Leistung von solarthermischen Anlagen liegt voraussichtlich weit über 100 Gigawatt. Das Fraunhofer ISE ermittelte eine Bandbreite von 133 bis 159 Gigawatt.

Aus der installierten Leistung kann die entsprechende Kollektorfläche berechnet werden, die sich aus einem Umrechnungsfaktor von 0,7 Kilowatt pro Quadratmeter Aperturfläche ergibt. Demnach wird sich die installierte Fläche zwischen 190 und 227 Quadratkilometern bewegen. Zum Vergleich: Zurzeit sind es 21 Quadratkilometer.

Für dezentrale Wärmespeicher, die in Einzelgebäuden installiert werden, liegt die summarische Kapazität zwischen rund 450 und knapp 600 Gigawattstunden. Die Funktion dieser Speicher ist sowohl die Speicherung der Wärme, die Solarthermieanlagen erzeugen, als auch der von Wärmepumpen gelieferten Wärme. Solarthermie und Wärmepumpe werden in Zukunft sehr häufig gemeinsam eingesetzt, prophezeit die Studie.

Für Wärmespeicher, die an Wärmenetze gekoppelt sind, liegt die summarische installierte Kapazität zwischen knapp 600 bis rund 750 Gigawattstunden. Diese Speicher werden im wesentlichen die Funktion haben, die Wärme von Solarthermieanlagen sowie von Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen aufzunehmen. Außerdem werden sie, ebenso wie die dezentralen Wärmespeicher, dazu dienen, überschüssigen Strom aufzunehmen, der von Solarparks und Windparks in Zeiten geringer Nachfrage erzeugt wird und durch Heizstäbe in Wärme verwandelt wird.

Kombination mit Wärmepumpen

Die Abbildung stellt die einzelnen Beiträge der unterschiedlichen Solarthermie-Anwendungen im Zusammenhang dar. Die Felder sind gelb hinterlegt. Die Studien untersuchten die Kombination der Solarthermie mit drei verschiedenen Wärmepumpen-Systemen (links unten in der Abbildung), und kamen zu dem Ergebnis, dass allein die Kombination mit der Sole-Wärmepumpe sinnvoll ist. Die Solarthermie kann hier einen Beitrag von 32 Terawattstunden leisten. Einzelgebäude mit Erdgaskessel spielen eine untergeordnete Rolle im Szenario. Die Solarthermie trägt 5 Terawattstunden zur Beheizung einzelner Gebäude bei. In der Abbildung ist rechts oben ist zu sehen, wie sich die Beiträge von Dampfkombikraftwerken (KWK-GuD), die mit Erdgas betrieben werden und Wärmenetze speisen, aufteilen. Die Solarthermie kann hier einen Beitrag von 19 Terawattstunden leisten. Wenn die Wärmenetze mit Blockheizkraftwerken betrieben werden, dann ist ein Beitrag von 2 Terawattstunden durch die Solarthermie möglich.

Die violette Fläche in der unteren Hälfte stellt den Wärmebedarf der industriellen und gewerblichen Prozesse dar, die im wesentlichen auf erneuerbaren Brennstoffen basieren. Die Solarthermie kann hier 25 Terawattstunden beisteuern. Die erste Studie (2013) ermittelte einen Beitrag von 83 Terawattstunden, die zweite Studie (2015) bestätigte dies im Wesentlichen und kommt auf 87 Terawattstunden (siehe Tabelle). In jedem Fall wird die Solarthermie eine wichtige Rolle im Energiesystem der Zukunft spielen.

Detlef Koenemann