Bislang ist das EU-Heizungslabel kaum bekannt. Trotz Kritik hat der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) zusammen mit Partnern nun Informationsfilme über das Effizienzsiegel erstellt. Projektmanager Jan Knaack erläutert Gründe und Erwartungen.
Herr Knaack, der BSW-Solar informiert derzeit verstärkt über das EU-Energieeffizienzlabel für Heizsysteme und Warmwasserbereiter. Ist es bei Verbraucherinnen und Verbrauchern immer noch nicht bekannt?
Jan Knaack: Wir denken nicht, dass das EU-Label schon vielen Verbrauchern bekannt ist. Umfragen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz haben Ende 2016 gezeigt, dass das Label nur in 50 Prozent der Fälle verstanden wird und häufig erst dann zur Kenntnis genommen wird, wenn die Entscheidung für das Heizsystem bereits gefallen ist. Als Vergleichsinstrument wird es kaum nachgefragt. Es ist auch erklärungsbedürftig, da zahlreiche Symbole und Icons nicht eindeutig sind. Der Verbraucher wird tendenziell überfordert.
Wie sieht es bei den Installationsbetrieben und den Handelshäusern aus? Ist das Thema dort angekommen?
Knaack: Die Händler kommen ihrer Labelpflicht weitgehend nach. Bei den Installationsbetrieben gehen wir davon aus, dass die Label zwar mitgeliefert, aber nicht aktiv im Verkauf oder Marketing eingesetzt werden. Was das Verbundanlagenlabel angeht, bei dem es im LabelPack A+ Projekt im Wesentlichen geht, sehen wir seit der Einführung leider eine deutliche Reduktion der Anzahl der ausgestellten Labels, zumindest für die Plattform Heizungslabel. Die EU-Plattform von LabelPack A+ wird ebenfalls wenig nachgefragt, mit Ausnahme von Portugal, da hier das Label an das Fördersystem für Solarthermie angebunden ist.
Worauf führen Sie das zurück?
Knaack: Das kann bedeuten, dass entweder Handwerker die gleichen Kombinationen anbieten und verbauen und somit das Label einfach kopieren, andere Plattformen der Hersteller oder die Kombinationen von Vollsortimentern eingesetzt werden oder einfach nicht gelabelt wird. Wir denken, dass in der Praxis bei Installateuren und Handwerkern noch viel Unkenntnis herrscht. Da die Überwachungsbehörden aber wenige Möglichkeiten haben, das Labelling jenseits der Hersteller zu kontrollieren, besteht auch von dieser Seite wenig Zwang, sich damit auseinanderzusetzen. Und da die Kunden selten nachfragen, besteht wenig Notwendigkeit für Installateure.
Das Label weist nach Ansicht vieler inhaltliche Defizite auf. Warum werben Sie dennoch dafür?
Knaack: Wir sehen das Label kritisch, insbesondere im Hinblick auf die Komplexität und den Informationsgehalt sowie die fehlende Vergleichbarkeit unterschiedlicher Heizsysteme. Völlig zu Unrecht schneidet die Solarthermie bei den Berechnungen relativ schlecht ab. Andererseits wird die EU das Label nach unseren Kenntnissen nicht vor dem Jahr 2026 überarbeiten. Es bleibt uns also noch lange in dieser Form erhalten. Daher wollen wir im Rahmen des Projekts LabelPack A+ mit der EU-Kommission, die das Projekt finanziert, dem Label durch verstärkte Öffentlichkeitsarbeit mehr Aufmerksamkeit verschaffen und bei Endkunden und Handel ein Bewusstsein für das Label schaffen. Idealerweise können wir so die Nachfrage steigern.
Was würden Sie am Label ändern?
Knaack: Neben den genannten Aspekten müssen die Formeln angepasst werden, da derzeit die Solarwärme systematisch schlecht gerechnet wird. Die Solar Heat-Initiative hat bereits gute Vorschläge gemacht. Darüber hinaus ist mittlerweile der überwiegende Teil der Branche meiner Kenntnis nach für ein eigenes Kollektorlabel, damit auch hier die Wahrnehmung beim Kunden steigt. Ideal wäre die einfache Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Heizsysteme. Wenn Szenarien und Berechnungstools hinterlegt würden, damit die Kunden einschätzen können, wie viel Brennstoff sie durch mehr oder weniger Effizienz einsparen können, dann könnte das die effiziente Wärmetechnik deutlich voranbringen. Das verlangt eine intensive Abstimmung im Hinblick auf Szenarien und Grundannahmen. Der BSW-Solar hat bereits in zahlreichen Projekte und Aktivitäten derartige Renditerechner für Solarenergie entwickelt.
Sehen Sie Chancen, dass das Label in Zukunft verbessert wird?
Knaack: Derzeit läuft ein Evaluierungsprozess durch die EU-Kommission, zu dem wir mit Erkenntnissen aus drei Jahren des Projekts LabelPack A+ beitragen. Die fehlerhafte Solcal-Berechnungsmethode, die für Warmwassergeräte fehl-dimensionierte Zapfprofile effizient rechnete, wird derzeit umgestellt, sodass zumindest hier Besserung zu erwarten ist. Die gröbsten Fehler können behoben werden. Ansonsten ist fraglich, ob bis Mitte der 20er Jahre viel passieren wird. Die Mühlen der EU-Kommission mahlen langsam.
LabelPack A+ nutzt Twitter, Facebook und Youtube für seine Aufklärungsarbeit. Wie kommt die Kampagne an?
Knaack: Die Kampagne ist innovativ und vielseitig. Sie hat die Zugriffszahlen auf die Internetseite www.labelpackaplus.eu deutlich erhöht. Zudem haben wir Videos in mehreren Sprachen auf Youtube veröffentlicht und eine Twitter-Kampagne gestartet. Allerdings sind die Themen Energie und Energieeffizienz insgesamt nicht so ein starkes Zugpferd und erhalten nicht so viel Aufmerksamkeit.
Wer steht hinter dem Projekt LabelPack A+ und mit welchem Ziel?
Knaack: Das Projekt wurde von der EU-Kommission im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizon2020 gefördert. Es zielt darauf ab, Hersteller, Handel und Handwerk für die Einführung des Verbundanlagenlabels vorzubereiten, zu unterstützen sowie Öffentlichkeitsarbeit für das Verbundanlagenlabel zu machen. Die elf beteiligten Organisationen sind im Wesentlichen Solarverbände aus verschiedenen Ländern sowie zwei Verbraucher- und Umweltorganisationen. Koordiniert wird das Projekt von Solar Heat Europe. Der verantwortliche Ansprechpartner in Deutschland ist der BSW-Solar.
LabelPack A+ beendet seine Arbeit. Wird es ein Folgeprojekt geben oder braucht es weitere Aufklärung nicht?
Knaack: Das Projekt endet im Juli 2018. Weitere Aufklärung wäre von Nöten, aber ein Folgeprojekt in dieser Form wird es erst einmal nicht geben. Die europäische Labelberechnungsplattform auf der Webseite www.labelpackaplus.eu wird wahrscheinlich vorläufig über das Solar Keymark Network SKN weiterbetrieben.
Das Interview führte Joachim Berner.
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