Ullrich Hintzen, Vorstand der FASA AG, erläutert, weshalb er auf „Solararchitektur im Bauhaus-Stil“ setzt und warum er die Solarthermie der Photovoltaik vorzieht.
Neubau-Siedlungen, Mehrfamilienhäuser, Umbau eines ehemaligen Ritterguts zur solar beheizten Siedlung, „Solarisierung“ von Gründerzeithäusern: Die FASA AG hat sich einen Namen für prestigeträchtige Solarthermie-Projekte gemacht. Warum engagieren Sie sich mit Ihrem Bauunternehmen so stark für Solarhäuser?
Ullrich Hintzen: Wir haben zwei Bereiche bei uns im Haus: Das eine ist der Ingenieurbau in Verbindung mit dem Tiefbau, das andere ist der Hochbau, in dem wir uns im Wesentlichen mit solarem Bauen beschäftigen. Warum wir uns in diesem Bereich so stark machen, hat was mit Entscheidungen zu tun, die wir vor knapp 20 Jahren getroffen haben. In dieser Zeit hatten wir eine extreme Baukrise in Deutschland, besonders in Ostdeutschland und wir haben uns die Frage gestellt, wie können wir zukünftig in einem solchen Markt sinnvoll überleben. Und wir haben nach spannenden Aufgaben gesucht, mit denen wir neue Wege beschreiten können.
Beim Vergleich der am Markt befindlichen Bausysteme und Energieversorgungen haben wir festgestellt, dass alle bis dato entwickelten Haustypen eine energetische Abhängigkeit haben. Davon ausgehend haben wir uns zum Ziel gesetzt, Gebäudetypen zu entwickeln, die weitgehend energieautark sind in ihrer Wärmeversorgung. Wir haben damals schon erkannt, dass wir uns von fossilen Brennstoffen verabschieden sollten, um Kohlendioxid zu vermeiden und dass die solare Versorgung, auch wenn es sich heute noch nicht durchgesetzt hat, eine ganz wichtige Komponente sein wird. Wir glauben an die von uns entwickelten Möglichkeiten und wir sind sicher, dass sich das solare Bauen in den nächsten Jahren deutlich erhöhen wird. Es ist noch immer ein Nischenprodukt mit extrem hohem Potential.
Ihre Häuser heben sich durch ihre besondere Optik von herkömmlichen Sonnenhäusern ab. Sie bezeichnen Ihre Bauweise als „Solararchitektur im Bauhaus-Stil“. Was genau ist daran „Bauhaus“?
Hintzen: Sie haben völlig Recht, von uns entworfene und geplante Gebäude heben sich in der Regel deutlich in ihrer Architektur von bekannten Haustypen ab. Wir sagen in Anlehnung an die Bauhaustradition „Die Form folgt der Funktion“ „Die Form folgt der Energie“.
Das heißt, wir gestalten unsere Gebäude so, dass wir einen maximalen Solarertrag bekommen zu der Zeit, wo am meisten gebraucht wird, also in der kalten Jahreszeit. Dazu benötigen wir keine 45 Grad-Dächer, sondern wir brauchen eher steile Dachformen oder eben auch Fassaden, mit denen wir die Sonne optimal einfangen können und in der Zeit, in der wir den meisten Energiebedarf haben, die höchsten Erträge erzielen. Nicht zuletzt liefern schon Solaranlagen, die auf 25 Grad-Dächern liegen, in der Regel im Winter sehr wenig Energie – nicht nur, weil der Einstrahlwinkel nicht optimal ist, sondern weil einfach die Schneeauflage die Aktivität der Solaranlage behindert. Mit steilen Dach- oder Fassadenflächen ist dieses Problem durch die Architektur schon gelöst.
Durch die großen Kollektorflächen auf der Südseite bleibt nicht viel Platz für Fenster und Türen. Wie passt das zur Solararchitektur, bei der die Sonnenenergie doch aktiv und passiv genutzt werden soll?
Hintzen: Das könnte auf den ersten Blick so wirken. Natürlich benötigen wir möglichst große Kollektorflächen, die nach Süden ausgerichtet sind, aber wir haben auch bereits vor knapp zehn Jahren mit einem regionalen Solaranlagenbauer die ersten voll integrierten Solardachfenster entwickelt, die sich optisch von der Kollektorfläche in keiner Weise abheben und damit planintegriert sind. Somit wir können jederzeit auch Solardachflächen mit Fenstern versehen. Unabhängig davon achten wir natürlich darauf, dass die Bereiche der Häuser, die viel Licht haben sollen, dies auch bekommen. Zum Beispiel durch sehr großzügige Fensteröffnungen im Erdgeschossbereich zu den Terrassen oder Außenanlagen oder nach Westen und Osten. Insofern stellt die Belichtung für uns eigentlich trotz der Kollektorfläche keinerlei Einschränkungen dar.
Für Ihre solar beheizten Einfamilienhäuser haben Sie den Markennamen „Aktivsonnenhaus“ geprägt. Was verbirgt sich dahinter?
Hintzen: Wir verwenden den Begriff „Aktivsonnenhäuser“, um damit klar zu machen, dass wir die Häuser aktiv mit der Sonne beheizen. Mit dieser Kombination aus großer Kollektorfläche, optimiertem Solarspeicher und Solararchitektur erreichen wir in der Regel Deckungsgrade über 90 Prozent. Für den Restenergiebedarf wird eine Zusatzheizung im Haus installiert. Dies ist bei uns im Einfamilienhaus in aller Regel ein Kaminofen mit Wärmetauscher, in dem pro Jahr zwischen ein und zwei Raummetern Holz verbraucht wird.
Sie setzen konsequent auf Solarthermie und integrieren keine Photovoltaik in Ihre Aktivsonnenhäuser. Warum diese Ausschließlichkeit? Was stört Sie an der Photovoltaik?
Hintzen: Sie haben Recht, das Primat liegt bei uns auf der Solarthermie und das hat einen ganz einfachen Grund: Die Solarthermie hat in der Regel den drei- bis vierfachen Ertrag der Leistung von Sonnenenergie gegenüber Photovoltaik und wir können Solarthermie relativ praktisch und langfristig speichern. Das heißt, der Ausnutzungsgrad der Sonnenenergie pro Quadratmeter ist deutlich höher und wir können die Energie problemlos über mehrere Wochen im Solarspeicher ablegen für die kältere Jahreszeit. Im Übrigen stört uns Photovoltaik überhaupt nicht und kann eine Ergänzung sein. So haben wir 2012/2013 ein „ENERGETIKhaus autark“ errichtet, das hatte einen solaren Deckungsgrad thermisch von 92 Prozent und einen solaren Deckungsgrad elektrisch bilanziell von 110 Prozent. Sie merken an dem Wort bilanziell schon, der Strom, den wir generiert haben, entsprach zu 110 Prozent dem unseres Verbrauches, aber nicht zum dem Zeitpunkt, wo wir ihn benötigt haben. Nur durch die Einspeisung/Rückspeisung war eine Deckung möglich. Insofern sehen wir Photovoltaik immer als Ergänzung, aber nicht als das Primat.
Das Solardomizil in Chemnitz, zwei Geschosswohnungsbauten mit insgesamt 29 Wohnungen, ist ein aktuelles Vorzeigeprojekt im Mehrfamilienhaussektor. Ist dies die Zukunft für Ihr solares Baukonzept?
Hintzen: Das Solardomizil 1 und 2, wie wir sagen, mit 11 beziehungsweise 18 Eigentumswohnungen ist sicherlich ein spannendes Vorzeigeprojekt und besitzt auch den größten Solarspeicher, den wir je verbaut haben mit 200 Kubikmeter, aber es wird nicht das sein, was wir in Zukunft ständig bauen werden.
Das liegt einfach daran, dass wir hier ein Grundstück vor uns hatten, dass keine optimale Ausrichtung aufwies, sondern eine Ost-West-Ausrichtung, so dass wir dem Gebäude eine spezielle Architektur geben mussten und auch die Ausrichtung der Kollektoren und Integration sehr spannend war. Aber wir arbeiten gerade an einem weiteren Konzept und dem Begriff Solardomizil 3, wo wir alle unsere Erfahrungen in den mehrgeschossigen Wohnungsbau integrieren wollen und hier nochmal deutlich höhere Deckungsgrade anstreben, als wir sie jetzt beim Solardomizil 1 und 2 erreichen. Und wir wollen gedanklich zur Optimierung beitragen, dass solares Bauen eben auch kostengünstig wird beziehungsweise bleibt. Aber ich denke auch, hier ist viel Spielraum für kreative Architekten – erfahrene oder junge – etwas beizusteuern, was die Energiewende und CO2-Einsparung nur unterstützen kann.
Das Interview führte Ina Röpcke
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