Wer in ein Solarheizwerk investiert, will Gewissheit darüber haben, ob das Sonnenkollektorfeld die bei der Planung berechneten oder vom Systemanbieter garantierten Leistungen erreicht. Daher hat AEE Intec eine Methode entwickelt, um einen Leistungs- und Ertragsnachweis für Solarheizwerke im regulären Anlagenbetrieb zu ermöglichen.

Die Sonne scheint nicht immer gleich stark vom Himmel und der Wärmebedarf in Nahwärmenetzen schwankt von Monat zu Monat. Deshalb ist es nicht einfach zu prüfen, ob große Solaranlagen tatsächlich die bei der Planung berechneten oder vom Systemanbieter garantierten Leistungen und Erträge erreichen. Die Sicherheit eines Leistungs- und Ertragsnachweises ist allerdings für die Investoren entscheidend. Deshalb hat das österreichische Forschungsinstitut AEE Intec einen Qualitätsnachweis für Solarthermie-Großanlagen entwickelt. Die Methode ermöglicht einen Leistungs- und Ertragsnachweis für Solarheizwerke im regulären Anlagenbetrieb. 

Das Potential für Solarwärmenutzung in Nahwärmesystemen in Europa ist riesig. Von den rund 5.000 bestehenden Wärmenetzen nutzen bisher erst etwa 150 Sonnenwärme. Für Wärmeversorger ist es entscheidend, dass sie den von den Technologielieferanten garantierten Solarerträgen vertrauen können, um das finanzielle Risiko gering zu halten.

Nun hängt der Solarertrag allerdings von unterschiedlichen Faktoren ab. Neben dem Wetter ist auch der Wärmebedarf der Abnehmer entscheidend. Die Qualität der Kollektoren spielt ebenso eine wichtige Rolle und eine suboptimale Regelung der Anlagen kann zu Mindererträgen führen.

Physikalisches grey box Modell

„Für die Qualitätsprüfung eines großen Kollektorfeldes müssen wir also aus den gemessenen Betriebsdaten die Faktoren, die den Solarertrag beeinflussen, so gut wie möglich voneinander trennen. Das machen wir mit Hilfe eines physikalischen grey box Modells“, erklärt Philip Ohnewein, Wissenschaftler bei AEE Intec und Leiter des Forschungsprojekts MeQuSo. Die Abkürzung steht für Methodikentwicklung für Qualitätsnachweise Solarthermischer Großanlagen unter realen Betriebsbedingungen. Das vierjährige Forschungsprojekt, finanziert vom österreichischen Klima- und Energiefonds, wurde gerade erfolgreich abgeschlossen.

„Wir haben zusammen mit unseren Industriepartnern die gesteckten Ziele voll erreicht und die Testmethode D-CAT für große Kollektorfelder entwickelt. Diese Methode basiert auf einem numerischen Modell, das gut zu den gemessenen Betriebsdaten passt und hilft, das Verhalten der Solarwärmeanlage zu verstehen“, sagt Ohnewein. Dabei erfolgt die Auswahl der geeigneten Messdaten vollautomatisch.

Mit Hilfe des Kollektorfeld-Modells D-CAT 2-N und den Messdaten des realen Anlagenbetriebs werden aussagekräftige Parameter ermittelt, die zeigen, wie leistungsstark das Kollektorfeld in der Praxis tatsächlich ist. Diese Parameter sind im Wesentlichen vergleichbar mit den Ergebnissen eines Normtests für einzelne Solarkollektoren, jedoch erweitert auf große Kollektorfelder. Die Leistungskennwerte beschreiben die optischen Eigenschaften, die Wärmeverluste und die Wärmeübergange im Kollektorfeld.

„Die D-CAT Testmethode ermöglicht die Bewertung eines Kollektorfelds als technische Komponente, die die Kollektorparameter klar von Witterungs- und Betriebseinflüssen trennt“, erklärt Daniel Tschopp, ein Kollege von Philip Ohnewein bei AEE Intec, der in seiner Doktorarbeit an der Entwicklung der D-CAT Methode beteiligt war. Die Leistungsbewertung des Kollektorfeldes ist also weitestgehend unabhängig davon, dass die tatsächlichen Betriebszustände von idealtypischen Testbedingungen abweichen, weil zum Beispiel der Sommer verregnet ist oder vorübergehend höhere System-Temperaturen auftreten. Somit stellt die D-CAT Methode eine neutrale und detaillierte Charakterisierung eines Kollektorfeldes als technische Komponente dar, weitgehend unabhängig von äußeren Bedingungen.

Modell bewährt sich in der Praxis

Der neue Leistungs- und Ertragsnachweis für Solarheizwerke kann bei Kollektorfeldern mit einer Leistung von wenigen 100 kW bis zu mehreren MW eingesetzt werden. Im Projekt MeQuSo nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von AEE Intec das Kollektorfeld neben dem Fernheizwerk in Graz mit insgesamt 5,7 MW Leistung, um nachzuweisen, dass die neue Auswertungsmethode D-CAT die Vorgänge in der Solarwärmeanlage gut beschreibt. In der Anlage Fernheizwerk Graz sind Flachkollektoren von mehreren namhaften europäischen Herstellern verbaut, die so erstmals in der gleichen Anlage unter gleichen Rahmenbedingungen (Betrieb, Wetter) verglichen werden konnten.

Für das Modell D-CAT 2-N werden die Temperatur und der Massenstrom am Eingang und Ausgang des Kollektorfeldes sowie Daten zur solaren Einstrahlung benötigt. Um die Kosten der Ertragsprüfung gering zu halten, hat das AEE Intec-Team darauf Wert gelegt, dass kommerzielle Messtechnik ausreicht, wie sie bei solaren Großanlagen zur Standardausstattung gehört. Der D-CAT Test kann parallel zum Realbetrieb durchgeführt werden, es müssen also keine speziellen Testzyklen gefahren werden.

Die D-CAT Methode hat derzeit die Entwicklungsstufe eines Proof of Concepts. „Die Methodik haben wir in allen Details im MeQuSo-Abschlussbericht beschrieben, so dass Zertifizierungsbehörden, Projektentwickler oder Forschungsinstitute das Verfahren erfassen und anwenden können“, sagt Ohnewein.

Alle Projektbeteiligten profitieren vom Ertragsnachweis

Damit ist AEE Intec dem Ziel, Leistungs- und Ertragsnachweise von großen Kollektorfeldern im Realbetrieb zu führen, einen wichtigen Schritt näher gekommen. Der Qualitätsnachweis für Solarthermie-Großanlagen kann in Zukunft Betreiber von solaren Nahwärmeanlagen dabei unterstützen, die Anlagenregelung zu optimieren und damit den Ertrag zu maximieren. Es wird außerdem helfen, im Garantiefall bei Mindererträgen festzustellen, welcher physikalische Vorgang in welcher technischen Komponente zuständig ist und welche der beteiligten Fachfirmen daher die Verantwortung trägt.

Der Ertragsnachweis soll also das Risikomanagement für große Solarthermie erleichtern. Die Methode stellt höchstmögliche Transparenz her und ermöglicht den Projektbeteiligten eine sinnvolle Aufteilung der Risiken, denn Planer, Errichter und Betreiber müssen nur für ihren Bereich Verantwortung übernehmen.  Ein gutes Risikomanagement reduziert auch immer die Finanzierungskosten und macht das Investment für den Anlagenbesitzer attraktiver.

Der MeQuSo-Abschlussbericht zum Leistungs- und Ertragsnachweis für Solarheizwerke kann unter dem nebenstehenden Link heruntergeladen werden.