Foto: Stadtwerke Radolfszell

Das „Solarenergiedorf Liggeringen“ ist mit seinem regenerativen Nahwärmenetz ein Leuchtturmprojekt für die Bodensee-Region und darüber hinaus. Die Anlage zeigt, dass die Kombination von Bioenergie und einer großen Solarwärmeanlage gerade im ländlichen Raum der Königsweg für eine umweltfreundliche und kostengünstige Wärmeversorgung ist.

Verantwortlich für die Planung und Errichtung der Solaranlage für das Solarenergiedorf Liggeringen ist der Solarspezialist SOLID aus Österreich. Das erfahrene Unternehmen konnte sich durch Qualität in Technik und Wirtschaftlichkeit gegen mehrere Mitbewerber durchsetzen. „In der Sondierung der Angebote stellte sich sehr schnell heraus, dass für unseren Anwendungsfall, nämlich eine dörfliche Wärmeversorgung auf moderatem Temperaturniveau,  Hochleistungsflachkollektoren die deutlich wirtschaftlichere Lösung zu Vakuumröhrenkollektoren sind“, so Andreas Reinhardt, Geschäftsführer der Stadtwerke Radolfzell. Die Stadtwerke Radolfzell versorgen das Solarenergiedorf Liggeringen mit Wärme. Die von SOLID angebotenen Kollektoren erreichen bei guter Sonneneinstrahlung Temperaturen von 80 bis zu 105 Grad Celsius. Bei schwacher Sonnenstrahlung, zum Beispiel im Winter kann, die Sonnenenergie genutzt werden, um das Heizungswasser vorzuwärmen. Dann sorgt der Holzkessel für die nötige Energie, um die Kunden mit erneuerbarer Wärme zu versorgen. Der Großteil der Häuser wird derzeit mit veralteten Öl- oder Flüssiggaskesseln beheizt. 90 Hausbesitzer sollen noch dieses Jahr von der ökologisch-smarten Wärmeversorgung profitieren.

Wärmepreis langfristig kalkulierbar

Solarwärme hat den einzigartigen Vorteil, dass die Wärmeerzeugung über mindestens 20 Jahre kalkulierbar ist. Im Unterschied zu beispielsweise Wärmepumpen wird kaum Strom zum Betrieb der Anlage eingesetzt. Die Flächeneffizienz von Solarthermie ist in diesem Anwendungsfall etwa dreimal so hoch wie es eine PV-Anlage zur Stromerzeugung wäre. Insofern ist die Kombination von Biomasse und Solarthermie in vielerlei Hinsicht optimal und ein wesentlicher Beitrag zur Wärmewende.

Das Solarsystem mit einer Kollektorfläche von rund 1.100 Quadratmeter, was einer thermischen Leistung von rund 770 Kilowatt entspricht, wird im März 2019 in Betrieb gehen. Es liefert dann jährlich etwa 470.000 Kilowattstunden Wärme und deckt somit etwa 20 Prozent des Bedarfs der angeschlossenen Abnehmer. Im Sommer wird die Solarthermie die Wärmeversorgung komplett alleine übernehmen. Damit auch mehrtägige Schlechtwetterperioden überbrückt werden können, wurden Wärmespeicher mit einem Volumen von 240 Kubikmeter Inhalt aufgestellt. Wenn die Nutzerzahlen steigen, kann die Anlage um bis zu 50 Prozent ausgebaut werden.

 Das Solarkonzept von der Vorplanung bis zur Ausführung stammt von den Fachexperten der Firma SOLID. Seit 1992 plant und installiert die SOLID solarthermische Großanlagen mit Kollektorflächen von 100 bis zu mehreren 1.000 Quadratmetern. Bisher wurden weltweit mehr als 300 Solaranlagen realisiert. Zu den Kunden zählen unter anderem Wärmeversorger, Industriebetriebe und Wohnbauträger. Auf Wunsch des Kunden übernimmt SOLID auch die Verantwortung für einen effizienten und optimierten Betrieb der Anlage in Form eines Solarwärmecontractings.

Die in Liggeringen eingesetzten Hochleistungsflachkollektoren stammen aus Berlin von der Firma KBB Kollektorbau. KBB fertigt die ganze Palette solarthermischer Kollektoren. Die Produktvielfalt geht von kleinen Systemen mit Speichern über Kollektoren zur Brauchwassererwärmung oder Heizungsunterstützung bis hin zu großen Prozesswärmeanlagen für die Industrie und Großflächenkollektoren für Freiflächenanlagen zur Einspeisung in Wärmenetze. Als innovations- und qualitätsorientiertes Unternehmen entwickelt KBB seine Produkte ständig weiter und setzt dabei auf modernste Fertigungstechnologie. Die in Liggeringen eingesetzten Großflächenkollektoren vom Typ K5 Giga+ verfügen zum Beispiel über einen lasergeschweißte Vollflächen-Absorber. Dadurch werden höchste Wirkungsgrade erzielt bei dennoch ausgezeichneter Wirtschaftlichkeit.

Einspeisung in Fernwärmehauptleitung

Ein weiteres Projekt, in dem KBB und SOLID erfolgreich zusammenarbeiten, ist die Solarthermieanlage für die Fernwärmeversorgung in Erfurt. Die dortigen Stadtwerke lassen derzeit in Erfurt-Marbach eine kleine Anlage mit 540 Quadratmeter Kollektorfläche errichten, mit der sie eigene Erfahrungen sammeln wollen, um später gegebenenfalls eine deutlich größere Anlage zu errichten.

Diese Anlage unterscheidet sich durch die Einspeisung der Wärme in das städtische Wärmenetz deutlich von den Anlagen im ländlichen Raum: Da die Wärmeabnahme in Erfurt auch im Sommer sehr groß ist, wird keinerlei Wärmespeicher benötigt. Die Wärme wird direkt in die Fernwärmehauptleitung eingespeist, je nach Temperatur der Solarwärme in den Vorlauf mit bis zu 95 Grad Celsius oder in den Rücklauf. Dies ist energetisch optimal und sorgt dafür, dass möglichst viel Kohlendioxid eingespart wird. Bei der Einspeisung in ein städtisches Fernwärmenetz sind die lokalen Bedingungen zu berücksichtigen, das sind vor allem das Druckniveau des Fernwärmenetzes bis zu 25 bar und die meist höheren Temperaturanforderungen als in kleinen Wärmenetzen. Andererseits ist es möglich, wesentlich größere Kollektorfelder zu realisieren, so dass die Wärmegestehungskosten bestenfalls unter 20 Euro pro Megawattstunde sinken können. Aufstellflächen lassen sich überall entlang der Fernwärmeleitungen finden, im Falle von Erfurt ist es ein ehemaliger Kohlelagerplatz. Aber auch große Gebäudedächer lassen sich sinnvoll nutzen. Der vielzitierte Mangel an Aufstellflächen kann mit der Erfahrung eines Solarpioniers wie der Firma SOLID meist gelöst werden – wenn ein gemeinsamer Wille zur zügigen Wärmewende besteht.