Der Verbrauch der fossilen Brennstoffe Erdöl, Erdgas und Kohle nimmt immer noch zu, nur die Zuwachsraten haben sich etwas abgeschwächt. Erneuerbare Energien verzeichneten zwar die höchsten prozentualen Zuwachsraten, ihr Anteil am Gesamtverbrauch ist aber immer noch für eine echte Energiewende viel zu niedrig. Deshalb steigt auch der CO2-Eintrag in die Atmosphäre weiter an. Dies zeigen die vom Energiekonzern BP kürzlich publizierten Weltenergiezahlen 2019. Eine Analyse Josef Jenni und Christian Moser.

Der globale Primärenergieverbrauch ist 2019 um 1,3 Prozent angestiegen, wobei sich der Anstieg, parallel zum schwächeren ökonomischen Wachstum der Weltwirtschaft, etwas abgeschwächt hat. Wie immer ist auch diesmal China die Ausnahme, welches für drei Viertel der erwähnten Steigerung verantwortlich ist. Die erneuerbaren Energien haben mit rund 40 Prozent zu diesem Anstieg beigetragen, was mit anderen Worten heißt, dass ihr positiver Effekt faktisch verpufft, solange der Anteil der fossilen Brennstoffe nicht abnimmt. Parallel dazu hat, wenn auch etwas weniger stark als im Vorjahr, der CO2-Eintrag in die Atmosphäre weiter zugenommen. Der Anteil des atmosphärischen CO2 hat 2019 einen neuen Rekordwert erreicht, wobei die jährliche Zunahme den zweitgrößten Wert seit der Jahrhundertwende ausmacht und den drittgrößten seit Messbeginn!

Die weltweite Covid-19-Pandemie und der wirtschaftliche Lockdown in vielen Staaten der Welt werden nicht nur zu einem Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung im Jahre 2020 führen, sondern auch zu einem reduzierten Verbrauch fossiler Brennstoffe und zu einer Reduktion des CO2-Eintrags in die Atmosphäre. Zu erwarten bzw. zu befürchten ist, dass dies nur ein vorübergehender Effekt ist und dass danach eine Kompensationsbewegung einsetzt. Von Interesse ist deshalb der Hinweis von Bernard Looney, dem CEO des britischen Energieunternehmens BP, der darauf aufmerksam macht, dass ein Rückgang analog demjenigen des Jahres 2020 in den folgenden 25 Jahren jeweils jährlich erforderlich wäre, damit die Klimaziele 2050 erreicht werden können.

  • Die fossilen Energieträger machen noch immer 82,2 Prozent aus, die erneuerbaren (Wasserkraft, Wind, Sonne, etc.) nur 11,3 Prozent; ihr Anteil hat gegenüber dem Vorjahr um 0.4 Prozentpunkte zugenommen. Die erneuerbaren Energien haben allerdings weltweit im Jahre 2019 dieselbe Produktionsleistung wie die Nuklearenergie erreicht. Elektrizität ist die Energieform der Gegenwart und der Zukunft: Aber auch hier stellen die fossilen Energieträger mit 63,3 Prozent die Ausgangsbasis dar; der Anteil der Erneuerbaren beträgt hier immerhin 26,3 Prozent.
  • Der Erdölverbrauch hat wiederum einen neuen Höchststand erreicht, vor allem wegen des Mehrkonsums durch China und Indien, wobei die Zunahme insgesamt nur 0,9 Prozent ausmachte. Erstmals seit 2009 ging die Erdölförderung mit einem Minus von 0,3 Prozent leicht zurück, obwohl die USA mit ihrem Fracking die Produktion um einen Neuntel massiv ausweiten konnten. Vor allem aus politischen Gründen war in Staaten wie Iran, Saudi-Arabien und Venezuela eine markante Abnahme zu verzeichnen. Auch in Mexiko und Norwegen ging die Förderung spürbar zurück, was in diesen beiden Ländern ein kontinuierlicher Prozess ist. Gesamthaft ging der Anteil des Erdöls an der Weltenergieproduktion weiter zurück.
  • Erdgas befindet sich nach wie vor in einem ungebremsten Vormarsch. Sowohl die Förderung (+ 3,4 Prozent) wie auch der Verbrauch (+ 2,0 Prozent) erreichten neue historische Höchstwerte. Vor allem die USA, Russland, Australien und China sind für die Mengenzunahme bei der Produktion verantwortlich, die USA, Australien und China auch beim Konsum.
  • Bei der Kohleförderung gilt für Indien (+ 9,4 Prozent) und China (+4,2 Prozent) weiterhin das Teufel-komm-raus-Prinzip, so dass auch die globale Förderung, nach der gewaltigen Zunahme um 4 Prozent im Vorjahr nochmals um 1,5 Prozent zulegte; dies trotz markanten Förderrückgängen in den USA und in Deutschland. Der Verbrauch der Kohle ging hingegen um 0,6 Prozent zurück, vor allem wegen des Rückgangs in den USA.
  • Der Prozentanteil nichtfossiler Energieträger pendelt seit 1995 bis heute zwischen 13 und 15,8 Prozent. Auch wenn der Anteil erneuerbarer Energien wiederum beachtlich gesteigert werden konnte (um 13,3 Prozent und damit etwas weniger als in den beiden Vorjahren), verpufft diese Zunahme angesichts des horrenden Mengenwachstums bei den fossilen Energieträgern. Die Solarenergie konnte um 24,3 Prozent gesteigert werden, die Windenergie um 12,6 Prozent und andere erneuerbare Energien (namentlich Geothermie und Biomasse) um 6,0 Prozent. Die Zunahme bei der Nuklearenergie und der Wasserkraft betrugen 3,5 Prozent bzw. 1,2 Prozent.

Die Konsequenzen sind zwangsläufig dieselben wie in den Vorjahren: Im Jahre 2019 wurden 34.169 Millionen Tonnen CO2 neu in die Atmosphäre ausgestoßen, 152 Millionen Tonnen mehr als im Vorjahr.

Der Anteil an atmosphärischem CO2 hat mit 411,4 ppm einen neuen Rekordstand erreicht. Die Haupttreiber sind derzeit die Staaten Süd- und Ostasiens; Nordamerika und Europa stagnieren. Um den Treibhauseffekt und die Erderwärmung tatsächlich zu stoppen, wäre ein entschiedeneres Umdenken erforderlich. Haupttreiber dieser Entwicklung ist die chinesische Wirtschaft und ihr Energiehunger. Dabei darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass in Bezug auf Solarenergie und Windenergie gerade China derjenige Staat ist, der mit großem Abstand der größte Produzent dieser Energieformen weltweit ist und der beim Primärenergieverbrauch pro Kopf noch immer hinter Staaten wie Deutschland und der Schweiz zurückliegt.

An dieser Stelle ist nochmals daran zu erinnern, was bereits in unserer Medienmitteilung des Jahres 2019 enthalten war: Angesichts der weitgehenden Wirkungslosigkeit politischer Bemühungen scheint die Situation in der Zwischenzeit doch dermaßen grotesk zu werden, dass selbst Manager des BP-Konzerns ein Unwohlsein überkommt. In ihrem eigenen Jahresbericht des Jahres 2019 wird der BP-Chefvolkswirt Spencer Davis mit den folgenden Worten zitiert: „Es besteht ein wachsendes Missverhältnis zwischen den gesellschaftlichen Forderungen nach Maßnahmen gegen den Klimawandel und dem tatsächlichen Tempo des dabei erzielten Fortschritts, wobei der Energiebedarf und die CO2-Emissionen so schnell steigen wie seit Jahren nicht. Das ist kein nachhaltiger Weg.” Und Bob Dudley, BP Group Chief Executive, legte nach: „Je länger die CO2-Emissionen weiter steigen, desto schwieriger und teurer wird die letztendlich notwendige Anpassung auf Netto-Null CO2-Emissionen sein“ … „Wie ich bereits zu einem früheren Zeitpunkt ausgeführt habe, ist dies kein Wettlauf um erneuerbare Energien, sondern ein Wettlauf um die Verringerung der CO2-Emissionen auf vielen unterschiedlichen Ebenen.“

Der Jahresbericht der BP mit den Energiezahlen sollte so gelesen werden: Es ist höchste Zeit, dass die für die Energiewende erforderlichen Maßnahmen entschiedener, ernsthafter und konsequenter an die Hand genommen werden. Gerade die Erfahrungen mit der Covid-19-Pandemie haben deutlich aufgezeigt, dass ein entschiedeneres Vorgehen sehr wohl möglich ist, wenn dafür der politische Wille vorhanden ist. Es wäre auf jeden Fall besser, wenn die Energiewende in einem geordneten Prozess vollzogen wird und nicht unter einem Notfallszenario. Auch deshalb müsste jetzt gehandelt werden.

Die Energiewende wird nur gelingen, wenn die Produktion von Energie aus erneuerbaren Quellen weiter gesteigert und der Verbrauch fossiler Energien deutlich und insbesondere nachhaltig reduziert werden kann. Die Vorräte an fossilen Energieträgern sind zu groß, das Klima erträgt ihren Verbrauch nicht. Die Energiewende muss jetzt erfolgen, sie hat insbesondere die einheimischen erneuerbaren Energieträger zu nutzen, um damit auch Arbeitsplätze im eigenen Land zu schaffen und die Abhängigkeit vom Ausland zu verringern. Neben der Solarenergie sollten auch die Potentiale der Holzenergie konsequenter genutzt werden.

Josef Jenni

International anerkannter Solarpionier und Energiefachmann; El. Ing. HTL, Gründer und Geschäftsführer Jenni Energietechnik AG, Oberburg BE

Christian Moser

Lic.phil.nat. (dipl. Geograph) / Politologe