Neues von der solaren Prozesswärme auf dem Solarthermie-Symposium: Die standardisierte Solarwärme-Einheit Billy Solar soll zusammengesetzt aus mehreren Einheiten große Solarheizwerke bilden können. Das soll Kosten sparen und die technische Umsetzung von Projekten erleichtern.

„Der Boom der solaren Prozesswärme fehlt“, stellt Mercedes Rittmann-Frank, Forscherin vom Schweizer Solarforschungsinstitut SPF, fest. Ein großes Hindernis besteht darin, dass das Potenzial der solaren Prozesswärme kaum bekannt ist. Bei einer Schweizer Befragung im Jahr 2018 gaben 61 Prozent der Unternehmen an, Solarwärme gar nicht in Betracht zu ziehen. 35 Prozent hatten über Solarthermie nachgedacht, ein Solarheizwerk aber aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht umgesetzt. An dem Punkt, dass Solarthermie als technisch schwierig gesehen wird, setzt das Projekt Billy Solar an. Das Ziel ist es, eine standardisierte skalierbare Solarheizwerk-Einheit zu entwickeln.

Anders als das namensgebende Vorbild, das Billy Regal des bekannten schwedischen Möbelhauses, muss die Solarheizwerk-Einheit enorme Ausmaße einnehmen. Denn die Forscher haben als kleinste Einheit ein Modul mit 70 Kilowatt Leistung, das entspricht einer Kollektorfläche von 100 Quadratmeter, und einem Speicher mit 10 Kubikmeter Volumen ermittelt. Diese optimale Größe für Billy Solar kam bei umfangreichen Analysen von Lastprofilen verschiedener industrieller Prozesse heraus, auf deren Basis die Gruppe um Rittmann-Frank Solarerträge und Wärmegestehungskosten ermittelt hat.

Großes Potenzial in Automobil-Industrie

Felix Pag von der Universität Kassel und Jürgen Fluch vom österreichischen Forschungsinstitut AEE Intec haben sich mit dem Potenzial der solaren Prozesswärme in der Automobil-Industrie beschäftigt. Sie gehen davon aus, dass in diesem Industriebereich maximal Solarheizwerke mit einer Leistung von insgesamt 700 Megawatt zum Einsatz kommen könnten. Laut Pag gibt es fünf Wärmesenken, die in vielen Prozessen vorkommen und sich auch über die Automobil-Industrie hinaus in vielen Industriezweigen für die Einbindung von solarer Prozesswärme eignen. Das sind Vorsorgungsnetze, beheizte Bäder, Trocknungsprozesse, Fluidaufheizung und raumlufttechnisch Anlagen. Besonders die raumlufttechnischen Anlagen sind interessant, weil sie nur geringe Temperaturen benötigen. Das verbessert den Kollektorertrag und senkt die Wärmegestehungskosten.

Auch Mercedes Rittmann-Frank weist darauf hin, dass bei Prozessen mit tiefen Temperaturen im Bereich von 60 Grad Celsius viel leichter konkurrenzfähige Wärmepreise zu erwarten sind als bei Prozessen mit 80 oder gar 100 Grad Celsius.