Das erste öffentliche ausschließlich solar beheizte Gebäude Europas, das Naturpark-Informationshaus im Bayerischen Wald, feiert in diesem Jahr 20-jähriges Jubiläum. Seit dem Bezug im Sommer 2001 wird das Gebäude mit einer Solarthermie-Anlage mit 110 Quadratmetern Kollektoren an der Fassade beheizt.

Initiator des Vorzeigeprojektes für solares Heizen war Ende der 1990er Jahre Hartwig Löfflmann, der auch heute noch der Geschäftsführer des Naturpark-Informationshauses ist. Er wollte einen möglichst energieunabhängigen Neubau und beschreibt seine Motivation so: „Öl und Erdgas sind viel zu kostbar, um verheizt zu werden. Da wollten wir beweisen, dass es auch in einer Region mit sehr rauem Klima möglich ist, rund ums Jahr nur mit der Sonne zu heizen. Außerdem dient es der Wertschöpfung in der Region.“ Daraufhin planten die Architekten Gunnar Hoffmann und Georg Dasch das Gebäude. Der Ingenieur Wolfgang Hilz plante und baute die Solarthermieanlage.

Solarthermieanlage und Pelletkessel für Wärmeverbund

Der Holzbau hat eine Nutzfläche von 760 Quadratmetern. In die Südfassade sind 110 Quadratmeter Solarkollektoren mit 80 Grad Neigung integriert. „Ursprünglich war ein autarkes 100 Prozent-Sonnenhaus als Neubau geplant. Da dann aber ein Wärmeverbund mit dem benachbarten Besucherpavillon realisiert werden sollte, brauchten wir eine Zusatzheizung für beide Gebäude“, erinnert sich Hilz. Die Entscheidung fiel auf einen Pelletkessel mit circa 35 Kilowatt Leistung. „Die Solarthermieanlage produziert aber weit mehr Energie, als der Neubau benötigt, und der Überschuss wird auch weitgehend genutzt“, so Hilz.

Nach Angaben des Sonnenhaus-Instituts können im Hochsommer 60 Prozent der Sonnenenergie genutzt werden, im Dezember/Januar sind es in der Mittagszeit 98 Prozent. Die Wärme wird in einem 21 Kubikmeter-Speicher von Jenni Energietechnik zwischengespeichert. Er ist sechs Meter hoch und hat einen dreistufigen Solar-Wärmetauscher. Weiterhin sind eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und Erd-Wärmetauscher installiert.

Mit seinen beeindruckenden Abmessungen ist der Wärmespeicher von Jenni Energietechnik der Hingucker im Gebäude. Foto: Wolfgang Hilz

Solarthermie Fassade bringt hohen Ertrag

Nach den ersten fünf Jahren Betriebszeit ergab sich laut Sonnenhaus-Institut folgende Energiebilanz: Der Heizwärmeverbrauch lag bei durchschnittlich 8.350 Kilowattstunden im Jahr. Die Solarthermie-Fassade erzeugte in dem Zeitraum vier Mal so viel Energie, wie die Wandheizung des Gebäudes benötigte. Die Überschüsse aus dem Pufferspeicher kamen wie geplant dem benachbarten Bestandsgebäude zugute, einem 150 Quadratmeter großen Besucherpavillon mit Glasfassade aus dem Jahr 1973. So wurde jedes Jahr ein Energiegehalt von rund 3.200 Liter Heizöl durch Solarwärme ersetzt.

Wie das Sonnenhaus-Institut mit dem Architekten Georg Dasch als 1. Vorsitzendem mitteilt, läuft die Solarthermie-Anlage seit der Inbetriebnahme stabil. Nur der im Speicher integrierte Brauchwasserboiler sei zwischenzeitlich durch eine Frischwasserstation ersetzt worden.

Plusenergiehaus bei Wärme und Strom

Auf dem Dach wurden zunächst Photovoltaikmodule mit 5 Kilowatt Leistung installiert, die auf 20 Kilowatt erweitert wurden. „Auch die 20 Kilowatt-PV-Anlage auf dem Dach bringt in der Jahresbilanz im Schnitt den 1,3-fachen Solarertrag, wie das Gebäude verbraucht“, sagt Hilz. Das Naturpark-Informationshaus könne somit sowohl in Bezug auf die Wärme, als auch auf den Strom als Plusenergiehaus bezeichnet werden.

Geschäftsführer Löfflmann hat seine Entscheidung nicht bereut. Er freut sich über Besucherinnen und Besucher aus aller Welt, die – zumindest vor der Pandemie – aus Ländern wie Georgien, Vietnam, Thailand und der Mongolei kamen.